• Roman

    Apoll Besobrasow von Boris Poplawski

    Der Autor nimmt uns hier mit in die Welt, in der gelebt und geschrieben hat. Es ist das Paris der russischen Emigranten, die vor und nach der Oktoberrevoltion geflohen sind. Es ist Ende der Zwanziger Jahre, als Wassenka, Apoll Besobrasow begegnet und sie ein Stück des Weges gemeinsam gehen, eine Freundschaft im eigentlichen oder sexuellen Sinne ist es nicht, denn jeder ist seiner Welt versunken. Wassenka, der Gefühlvolle und Apoll, der Mystiker, der sich im Grunde um nichts und niemand schert. Auf einem Ball lernen sie Terese kennen, in die Wassenka sich unglücklich verliebt. Diese drei bilden den Kern einer Gruppe von Heimatlosen, die eigentlich nicht die Heimat Russland vermissen, sondern eher in sich selbst keine Heimat finden. Zeus, ein ehemaliger Ringer, ist der Praktische, der sich um die Grundbedürfnisse kümmert und er ist der einzige, der sich dem Alltagsleben stellt.

    Die Geschichte liest sich, wie ein surrealer Traum, in dem man von einem Taumel greller Farben und Begebenheiten, in den Abgrund des Verfalls der verlassenen Häuser gerissen wird, in denen den diese temporäre Schicksalsgemeinschaft unterkommt. Der Autor war Lyriker und Surrealist und in diesem Stil schreibt er auch seine Prosa. Wenn Poplawski etwa eine Ballszene in einem Montparnasser Künstleratelier beschreibt, denn hat man nicht über diesen Ball gelesen, sondern man war in diesem verrückten Trubel.

    Apoll Besobrasow
    Autor: Boris Poplawski
    Übersetzerin: Olga Radetzkaja
    Verlag: Guggolz
    ISBN: 978-3--945370-19-3
    Preis: 24,00 €
  • Krimi

    Sunset City von Melissa Ginsburg

    Danielle Reeves und Charlotte Ford waren seit der Highscool beste Freundinnen. Danielle war die Strahlende, die Schöne, die Selbstsichere, die alle Bezaubernde. Sie kommt aus der oberen Mittelklasse, während Charlotte, in mit ihrer tablettensüchtigen Mutter in prekären Verhältnissen lebt. Nach deren Tod ziehen Charlotte und Danielle zusammen. Doch Danielle wird zum Junkie und landet im Knast. Einige Zeit haben die Freundinnen keinen Kontakt, auch nicht nach Danielles Entlassung, die mittlerweile als Pornodarstellerin arbeitete, begegnen sie sich wieder. Einige Tage nach dem Treffen steht die Polizei vor Charlottes Tür: Danielle wurde ermordet!

    Melissa Ginsburg geht für einen Krimi ungewöhnlich vor und gerade das macht dieses Buch so interessant. Hier steht nicht die Suche nach dem Mörder im Mittelpunkt, sondern es geht darum, wer das Opfer war. Nach Danielles Tod beginnt Charlotte mit deren Freundin Audrey und Danielles Teilzeitliebhaber Brandon abzuhängen. Ihr Ansatz ist nicht herauszubekommen, wer Danielle getötet hat, sondern ihrer Freundin noch einmal nahezu sein. Charlotte will nicht wissen, sondern verstehen und zwar nicht nur zu was für einer Person Danielle geworden ist, sondern auch in wie weit die Erinnerungen an ihre Freundin stimmig sind und wie gut kennen wir selbst die, die uns am nächsten sind?

    Fazit: Sehr empfehlenswert!

    Sunset City
    Autorin: Melissa Ginsburg
    Übersetzerin: Kathrin Bielfeldt
    Nachwort: Sonja Hartl
    Polar Verlag
    ISBN 978-3-948392-68-0
    Preis: 17,00 €
    
  • Roman

    Die letzten Strahlen eines Sterns von Amanda Lee Koe

    Marlene Dietrich, Anna May Wong und Leni Riefenstahl. Drei Zeitgenossinnen, die alle für den Film gearbeitet haben. Marlene Dietrich wurde zur Ikone, Anna May Wong kam in dem westlich geprägten Medium Film nie richtig zum Zug und Leni Riefenstahl, Führers Filmemacherin, dürfte wohl die umstrittenste der Drei sein. Amanda Lee Koe erzählt Zeit- und Filmgeschichte in Form eines Romans und aus der Sichtweise dieser drei Frauen. Es beginnt Ende der 20ziger Jahre, als sich Marlene, Anna May und Leni auf einem Presseball begegnen und mehr oder weniger zufällig auf ein Foto geraten. Marlene Dietrich ist zu der Zeit eine unbekannte Nebendarstellerin, Anna May arbeitet zwar in Hollywood, hängt dort aber ob ihrer asiatischen Herkunft in Nebenrollen fest und Leni Riefenstahl ist bereits dabei sich einen Namen zu machen, steht aber auch noch in den Startlöchern. Drei Geschichten die sich über von Ende der Zwanziger Jahre bis 2002 spannen.

    Amanda Lee Koe hat ein ausgesprochen spannendes Geflecht geschaffen, dass sich auch noch gut lesen lässt. Ein Pageturner, der nicht nur die Geschichten der drei Protagonistinnen erzählt, sondern ein komplexes Bild ihrer Zeit abgibt.

    Fazit: Unbedingt Lesenswert

    Die letzten Strahlen eines Sterns
    Autorin: Amanda Lee Koe
    Übersetzerin: Zoe Beck
    Verlag Culturbooks
    ISBN: 978-3-95988-153-1 
    Preis: 28,00 €
  • Uncategorized

    Crater Lake: Schlaf niemals ein von Jennifer Killick

    Für Lance und seine Freunde geht es ins Ferienlager nach Crater Lake. Das Lager ist neu entstanden und schon die Ankunft ist dubios. Denn schon am Tor kommt ihnen ein blutüberströmter Mann entgegen. Zum Essen gibt es nur Tomatensuppe und überhaupt scheint man nicht so viel davon zu wissen, was Kinder eigentlich brauchen. Als Lance und seine Freunde ein Mitternachtspicknick in seinem Zimmer veranstalten, stellen sie fest, dass mit ihren Klassenkameraden, die brav schlafen gegangen sind, eine merkwürdigt Veränderung geschehen ist. Die haben nun Wespenaugen und verlassen wie Zombies das Haus und auch die Lehrerin scheint nicht so wirklich menschlich zu sein. Schnell bekommt die Lance-Clique heraus, dass die Verwandlung nur eintreten kann, wenn sie einschlafen. Sie halten sich also wach und versuchen herauszubekommen, was in Camp Crater Lake vorgeht …und wie wichtig es ist einander zu vertrauen.

    Ein schönes Jugendbuch mit Abenteuer, Spannung, genügend persönlicher Probleme und unterschiedlicher Charaktere. Liest sich gut und hat auch mir, einem etwas älterem Kind viel Spaß gemacht. Jedenfalls freue ich mich bereits auf den 2. Teil.

    Crater Lake: Schlaf niemals ein (Teil 1)
    Autorin: Jennifer Killich
    Übersetzerin: Gabriele Haefs
    Verlag: Carlsen
    ISBN: 9783551557841
    Preis: 15,00 €
  • Krimi,  Roman

    Winter Counts von David Heska Wanbli Weiden

    Da die amerikanischen Behörden nicht unbedingt dafür bekannt sind, dass sie Gewaltverbrecher verfolgen, gibt es im Rosebud Reservat in South Dakota, Virgil Wounded Horse. Zu ihm kommen die, die Gerechtigkeit für ihre sexuell missbrauchten Kinder und vergewaltigten Frauen wollen. Er macht sich denn auf und bestraft den Täter zur Strecke. Virgil Wounded Horse ist ein ungewöhnlicher Held. Er hat nicht viel von einem edlen Retter, sondern ist selbst tief verwundet und oft genug ist Rache, die er für andere übt, auch Rache für die eigenen Verletzungen. Denn Virgil ist ein Halblut, der während seiner Schulzeit schwer unter dem Alltagsrassismus seiner Mitschüler zu leiden hatten. Außerdem zieht Virgil seinen Naffen Nathan groß, den Sohn seiner Schwester, die bei einem Autounfall ums Leben kam. Alkohl, Dope und Pillen sind die gängigen Drogen, über die sich im Reservat niemand besonders aufregt, als aber Nathan in Kontakt mit Heroin bekommt und fast stirbt, macht sich Virgil auf die Dealer zu finden. Eine Latino Gang, die dabei ist die Reservate mit Heroin zu schwemmen.

    Virgil ist einer, der mit vielen Dämonen kämpft. Er ist trockener Alkoholiker und es fällt ihm nicht leicht trocken zu bleiben. Er sieht was der Alkohol im Reservat anrichtet, sieht die Hoffnungslosigkeit, die Armut, die hohe Selbstmordrate und die Gewalt und fühlt sich doch unfähig etwas zu tun, auch glaubt er nicht, dass eine Wiederbelebung der alten Traditionen etwas bringt, jedenfalls anfangs. Seine Freundin Marie entgegen, versucht was sie kann, um die Lebensverhältnisse um Reservat zu verändern. Doch es gibt im Reservat auch die, die ihre eigenen Leute betrügen. David Heska Wanbli Weiden, eingeschriebener Bürger der Sicangu Lakota Nation, ist weit davon entfernt eine Geschichte vom edlen Wilden und weißem Mörder zu zeigen und genau das gibt der Geschichte, neben dem spannenden Krimiplot, ihre Tiefe.

    Erklärungen zum Rechtssystem in den Reservaten gibt es in den Nachbemerkungen von James Andersen. Weiter Stimmen zu Winter Counts sind im Talk Noir, dem Podcast des Polar Verlages zu hören: https://talknoir.podigee.io/28-neue-episode

    Winter Counts
    Autor: David Heska Wanbli Weiden
    Übersetzerin: Harriet Fricke
    Herausgeber: Jürgen Ruckh
    Nachbemerkungen: James Anderson
    Polar Verlag 03/22
    ISBN 978-3-948392-46-8
    Preis 16,00 €
    
  • Krimi

    Die Totenuhr – Ein Fall für Ann Lindell von Kjell Eriksson

    Vor vier Jahren soll Casper Stephansson in der Förde ertrunken sein, in der die kleinen Insel Gräsö liegt. Einen Monat darauf verschwindet seine Freundin Cecillia Karlsson, über die gemunkelt wird, dass sie ihn ermordet hat. Ann Lindell, die auf der Insel einige Tage bei ihrem dortlebenden Freund Edvard verbringt, ist an dem Fall interessiert und wird es noch mehr, als Cecillia wieder auftaucht. Erst versteckt in einer Hütte im Wald, dann offen und sie hat Pläne. Sie will sich an dem rächen, der Casper ihrer Meinung nach getötet hat.

    Die Totenuhr ist sicher nicht der beste aus der Ann Lindell Reihe. Der Plot obwohl sehr vielseitig, Mord, Brandstifung, Wirtschaftsverbrechen, Eifersucht und Ehestreit, ist löcherig und auch die Charaktere sind nicht sehr überzeugend. Das hat Kjell Erikkson schon einmal besser hinbekommen. Trotz all dieser Mängel schafft er es eine gewisse Spannung aufzubauen und es ist halt schön alte Bekannte zu treffen.

    Die Totenuhr
    Autor: Kjell Eriksson
    Übersetzerin: Gabriele Haefs
    Aufbau Verlag
    ISBN: 978-3-7466-3880-5
    Preis: 12,00 €
  • Norwegen,  Roman,  Uncategorized

    Die Leute vom Hellemyr von Amalie Skram

    Die Leute vom Hellemyr gilt als das Hauptwerk der norwegischen Schriftstellerin Amalie Skram (1846 – 1905). Der Band 1: Sjur Gabriel, wurde 1887 erstmals veröffentlicht. Dieser Band wurde von Christel Hildebrandt übersetzt

    Sjur Gabriel, seine Frau Oline und deren zahlreiche Kinderschar leben auf dem Hof Hellemyr, Felsenmoor, bei Bergen, es ist ein karges Leben. Die Familie hält sich mit Landwirtschaft und etwas Fischerei gerade so über Wasser. Während Sjur Gabriel stur und verbissen weitermacht, flüchtet sich Oline immer wieder in den Alkohol, was in der Regel Gewaltausbrüche Sjur Gabriels nach sich zieht. Als das jüngste Kind der beiden stirbt, zerbricht auch Sjur Gabriel. Der erste Band endet mit den Worten:


    „Von diesem Tag an tranken beide, der Mann und die Frau vom Hellemyr“

    In Band 2 überspringt Amalie Skram eine Generation, auch wenn die Kinder von Oline und Sjur Gabriel kurz vorkommen. Der Protagonist ist der Enkel Sievert Jensen, der, 16-jährig, arg darunter leidet, dass seine Großeltern als Trinker verschrieen sind. Besonders seine besoffen durch die Stadt torkelnde Großmutter, der eine Horde sie verspottender Kinder folgt, macht ihm das Leben in Bergen zu Hölle. Er beschließt, gegen den Willen seiner Eltern, zur See zu gehen und heuert als Moses auf der Zwei Freunde an. Die Reise geht nach Kingston und zurück. Band 2 wurde von Nora Pröfrock übersetzt.

    Der erste und der zweite Band lassen sich gut unabhängig von einander lesen. „Zwei Freunde“ ist ein Seefahrtsroman, in dem die Autorin sicher eigene Erlebnisse verarbeitet hat. Sie wurde mit 19 mit einem sehr viel älteren Kapitän verheiratet, der sie mit auf Fahrt nahm. Sievert, der Moses, hat es nicht leicht auf der Zwei Freunde. Als jüngster hat er die Dreckarbeit und den Spott der älteren Mannschaftsmitglieder zu ertragen, doch er beißt sich durch und kommt recht gut zurecht. Leider ist Sievert einer der, sowie er Gutes erreicht hat, dieses durch Lügen und kleine Diebstähle wieder zerstört. Auf der Heimfahrt gerät das Schiff in Seenot, die Mannschaft überlebt knapp und Sievert gibt die Seefahrt auf.

    In Band 3: S. G. Myre übersetzt von Christel Hildebrandt, wird Sieverts Geschichte weiter erzählt und wir lernen Petra Frimann, die Tochter des versoffenen Gerichtsboten, sowie die feine Gesellschaft von Bergen kennen. Sievert hat eine Anstellung im Kontor des Kaufmanns Munthe und als Faktotum in dessen Privathaus gefunden, er ist fleißig, seine Arbeit wird geschätzt und er hätte dort ein gutes Auskommen, wenn er sich nicht der Tochter des Hauses, Lydia, Munthe genähert hätte. Lydia kommt nach Hamburg ins Internat und Sievert verliert seine Stellung. Kurz bevor er meint, vor die Hunde zu gehen, findet er eine neue Anstellung bei einem Händler und verliert auch diese wieder, durch seine Mauscheleien. Petra Frimann widerum wird Hauswirtschafterin bei Konsul Smith und dessen gehbehinderter Frau. Petra ist schön und der Konsul ein charmanter Schwerenöter. Er verführt Petra, die sich mit der Zeit einbildet, nach dem Tod der Konsulin, von ihm geheiratet zu werden. Natürlich hat er nichts dergleichen im Sinn, sondern ermutigt Petra Sievert Jensen zu heiraten und erklärt sich bereit dem Paar großzügige Unterstützung bei ihrer Etablierung zuteil werden zu lassen. Sievert, der mittlerweile bei Smith arbeit, ist begeistert, denn er ist verliebt in Petra, die ihn nur widerwillig nimmt. Sievert ändert seinen Nachnamen in Myre, um endlich jede Verbindung zu der verschrienen Familie Jensen vom Hellemyr zu kappen.

    Das Nachwort zu diesem Teil stammt von Gunnar Staalesn.

    Band 4: Die nächste Generation wurde von Gabriele Haefs übersetzt:

    Hier liegt der Fokus auf den Kindern der Familie Myre und Smith. Die Ehe von Petra und Sievert ist alles andere als ein Erfolg. Petra ist verbittert und lässt ihren Frust an den Kindern aus. Besonders Sofie und Serverin, die älteren der Geschwister leiden unter dem Geiz und den Gewaltausbrüchen der Mutter. Severin wiederum ist mit Hendrik dem Sohn Konsuls Smith und seiner zweiten Frau Lydia Munthe, eng befreundet und doch in der Schule ein Außenseiter. Der Musterstängel, der es nicht erwarten kann, auf die Universität zu gehen und dem Elend zu Hause zu entfliehen. Sievert hingegen hat es wiedereinmal geschafft, sein Geschäft durch gewagte Spekulationen zu ruinieren und landet schließlich wegen Betrug im Gefängnis, wo er auch stirbt.

    Amalie Skram hat mit den Leuten vom Hellemyr ein Gesellschaftsbild Bergens im 19. Jahrhundert geschaffen. Vieles was sie beschreibt, entstammt eigenem Erleben. Amalie Skrams Vater hatte die Familie, nach dem sein Geschäft bankrott war, verlassen und sich nach Amerika abgesetzt. Amalie wurde mit einem älteren ungeliebten Mann verheiratet, um die Familie zu sanieren, wie es auch im vierten Band Sofie Myre geschieht. Neben der Unüberwindbarkeit der Klassenunterschiede ist immer wieder die Situationen der Frauen, ihre relative Rechtlosigkeit und Unfreiheit, Thema im Werk dieser Autorin. Die Leute von Hellemyr spielt im 19. Jahrhundert und liest sich doch so heutig und aktuell. 1200 Seiten und keine davon zuviel. Im Gegenteil, es wäre schön gewesen, hätte die Autorin es noch geschafft, den angedachten 5. Teil zu schreiben.

    Ein großes Lob hier auch an die Übersetzerinnen. Im Orignal verwendet die Autorin viel den Arbeiterdialekt, wie er in Bergen des 19. Jahrhundert gesprochen wurde. Dialekt zu übersetzen ist immer schwer, doch hier ist es brilliant gelungen.

    Die Leute vom Hellemyr Band 1 - 4
    Autorin: Amalie Skram
    Übersetzerinnen: Christel Hildebrandt, Nora Pröfrock und Gabriele Hafs
    Nachwort in Band 3: Gunnar Staalesen
    Verlag: Guggolz
    Preis: 69,00 €
  • Georgien,  Roman

    Data Tutaschchia von Tschabua Amiredschibi

    Data Tutaschchia – Der edle Räuber vom Kaukasus, gilt den Georgiern immer noch als Volksheld und das auch über die Landesgrenzen hinaus. Der Autor Tschabua Amiredschi, hat sich die Geschichte seines Helden während seiner Haftstrafe im Arbeitslager ausgedacht, der Roman erschien erstmals 1971 in Georgien, wurde fürs Fernsehen verfilmt und als Comic gibt es ihn auch. Kristiane Lichtenfeld hat ihn ins Deutsche übersetzt.

    Die Handlung spielt 1885, Georgien ist Teil des zaristischen Russland und wird erst nach der Oktoberrevolution zu einem unabhängigen Staat werden. Auch wenn es bis da noch ein wenig hin ist, zeichnen sich doch schon erste Unruhen ab. Unser Held nun, ist ein einfacher Mann mit einer gewissen Bildung, er lebt mit seiner Schwester, sie betreiben Landwirtschaft und haben ihr Auskommen, eines Tages jedoch, verletzt Data einen Mann tödlich , der seiner Schwester zu nahe gekommen ist und muss in die Berge fliehen. Hier beginnt seine Zeit als Gesetzloser, er wird zum Räuber, doch zu einem, der gewisse Grundsetze hat. Besonders die, die sich auf Kosten anderer bereichern, die Wucherer, die bestechlichen Beamten und Ausbeuter sind sein Ziel. Das und dass er auch schon mal jemanden hilft, der in Not geraten ist, bringt ihn beim Volks seinen Heldenstatus ein und es ist ihm leicht Verstecke und Verbündete zu finden. Die Gendamarie sieht nur eine Möglichkeit ihm beizukommen, nämlich diesen Ruf zu zerstören.

    Amiredschi lässt seinen Helden durch verschiedene Stimmen bildhaft werden. Da ist der Leiter der Gendamarie, Weggefährten, Ausgeraubte und zufällige Begegnungen. Dieser unterschiedlichen Stimmen, zeigen nicht nur die vielen Facetten dieses Räubers Widerwillens, sondern auch einen Querschnitt der georgischen Gesellschaft, sowie der politischen Verhältnisse zur Zeit der Handlung. Wahrlich ein Meisterwerk, dass sich stellenweise wie ein Schelmenroman liest.

    Data Tutaschchia - Der edle Räuber vom Kaukasus
    Autor: Tschabua Amiredschi
    Übersetzerin: Kristiane Lichtenfeld
    Verlag: Kröner Verlag
    ISBN: 978-3-520-61001-0
    Preis: 30,00 €
  • Krimi,  Roman

    Schiebung von Sara Paretzky

    In Schiebung hat V. I, Warschawski, iWirtschaftsdetektivin in Chicago, gut zu tun. Allerdings weniger mit den Aufträgen, die ihr Lohn und Brot sichern, als mit privaten Verstrickungen. Einmal ist da Felix Herschel, der Großneffe ihrer Mentorin und Freundin Lotti Herschel, der zu einem Mordtatort gerufen wird, um die Leiche zu identifizieren und unter Mordverdacht gerät. Damit Felix Unschuld zu beweisen und mit dem Alltagsgeschäft wäre sie bereits gut ausgelastet, doch wie aus dem nix taucht ihre Nichte Harmony, eigentlich die Nichte ihres Ex-Mannes, auf, Schwester Reno vermisst wird. Die Suche nach Reno führt V. I. in einen Strudel von Gewalt, Abzockerei und Handel mit Artefakten aus Syrien und dem Irak … wobei immer mehr der Verdacht entsteht, dass ihr Ex, seines Zeichens Wirtschaftsanwalt, dabei seine Finger im Spiel hat … nur wie tief, das ist die Frage.

    Sara Paretsky V. I. Warschawski ist mittlerweile eine Klassikerin und kaum wegzudenken in der femnistischen Krimilandschaft. Paretskys Themen sind immer politisch aktuell. In Schiebung zum Beispiel wird deutlich wie tief der Homeland Security Act unter der Trump Adminstration den Rassismus und die Angst vor Terror im Alltagsleben der USA verstärkt hat. Überwachungen, Machtmissbrauch und Drangsalierungen sind an der Tagesordnung. Sara Paretsky ist eine der Autorinnen, die diese Themen in eine Geschichte einfließen lassen kann, ohne den Spannungsbogen oder die menschliche Seite zu vernachlässigen. Ihre V. I. Warschawski, ist eine, die sich der sozialen und politischen Probleme ihres Umfeldes sehr wohl bewusst ist und die doch weiter für Gerechtigkeit eintritt und dabei nicht selten Kopf und Kragen riskiert. Vielleicht sollten wir alle ein wenig mehr Warschawski sein.

    Schiebung
    Autorin: Sara Paretsky
    Übersetzerin: Else Laudan
    Verlag: Ariadne
    ISBN: 978-3-86754-264-7
    Preis: 25,00 €
  • Krimi,  Roman

    Die andere Mrs. Walker von Mary Paulson-Ellis

    Margaret Penny ist 47, als sie mit einem geklauten Mantel, einer Flasche Rum und einem Coronation Penny in der Tasche, vor der Edinburgher Haustür ihrer Mutter steht. Der Rum hilft ihr um über die Schwelle zu kommen, denn Alkohol ist fürs erste so ziemlich das einzige, was die beiden Frauen gemeinsam haben. Margaret ist finanziell am Ende und hat persönliche Gründe London zu verlassen. Sie macht sich auf die Suche nach Arbeit und findet eine Anstellung im Amt für Verlorengegangene. Ihr erster Fall: Mrs. Walker, ca. 85, die abgemagert tot in ihrem Zimmer aufgefunden wurde. Margaret soll nun die Geschichte dieser Frau aufdecken, einen Vornamen und eventuelle Familie finden, damit die Dame beerdigt werden kann. Der Nachlass, mit dem die Suche beginnt, ist eher mager: Ein verschüttetes Glas Whisky, eine gammelige Mandarine, eine Paranuss und ein smaragdgrünes Kleid.

    Die andere Mrs. Walker ist der Debütroman von Mary Paulson-Ellis. 2016 ist er erschienen. Der Haupthandlungsstrang ist 2010 – 2011 angelegt, doch die Autorin lässt auch die Vergangenheit der Walkers und Pennys entstehen. In Rückblenden erzählt sie von Kindern die sterben, von Vätern die verschwinden, von Müttern die im Irrenhaus landen, von Abtreibungen, Pädophilie, Prostitution, betrügerischen Anwälten, Kriegstraumata und Alkoholismus. Vom verzweifelten Versuch vor dem all dem die Fassade der Wohlanständigkeit aufrechtzuerhalten und wie Gegenwart und Vergangenheit miteinander verknüpft sind. Trotz der dunklen Themen, liest es sich nicht bedrückend, da es der Geschichte, besser gesagt den Geschichten, nicht an Humor mangelt, wenn einem auch an manchen Stellen, das Lachen im Hals stecken bleibt.

    Die andere Mrs. Walker
    Autorin: Mary Paulson-Ellis
    Übersetzerin: Kathrin Bielfeldt
    Verlag: Argument_Ariadne
    ISBN:   ‎ 978-3867542609
    Preis: 23,00 €