Erzählung
-
Die Insel, die unsere war von Micheál Ó Conghaile
Inis Treabhair, eine kleine Insel vor dem irischen Festland im Atlantik. Heute ist sie unbewohnt, aber das war nicht immer so. Der Autor wuchs auf dieser Insel auf und nimmt die Lesenden mit in seine Kindheit. Genauer gesagt, in die Weihnachtszeit. Während er von den Weihnachtsvorbereitungen erzählt, schweift er immer wieder ab und erklärt das Inselleben. Es gibt dort Landwirtschaft, eine kleine Schule, aber der Torf, der zum Heizen verwendet wird muss, wie so vieles, vom Festland gebracht werden. Einen Laden gibt es auf der Insel nicht, zum Einkaufen rudert man mit dem Currach ans Festland. Es ist eine arbeitsreiche Kindheit, aber auch eine beschauliche. Inis Treabhair gehört zu Connemara, den Teil des Landes, in dem die irische Sprache lebt und in dieser schreibt der Autor.
Micheál Ó Conghaile blickt zurück auf diese Zeit, doch weder nostalgisch verklärt, noch anklagend, sondern so, als wenn es eben so war und wie es war, war es gut. Da Ó Conghaile ein begnadeter Erzähler ist, braucht es keine Katastrophen, keine großen Erschütterungen, um die Lesenden bei der Stange zu halten, es reicht sich der Geschichte hinzugeben und ganz neben bei einiges über die irische Sprache zu erfahren. Denn die Übersetzerin Gabriele Haefs, hat ein kleines Kompendium der wichtigsten Begriffe und wie man die Namen ausspricht angefügt. Sehr fein auch die Weihnachtsgedichte von Máirtin Ó Direain und Cuiread do Mhuire.
Also kurz gesagt, es ist ein wundervolles, kleines Büchlein, dass sich zu jeder Jahreszeit lohnt, aber besonders zur Weihnachtszeit. Es erinnert an eine Zeit in der die Weihnachtszeit vom 8.12. – 6.01. dauerte und nicht schon kurz nach den Sommerferien begann. Obwohl ich in Deutschland aufgewachsen bin, in einem eher säkularen Haushalt, habe ich vieles wieder erkannt.
Die Insel, die unsere war
Autor: Micheál Ó Conghaile
Übersetzerin aus dem Irischen: Gabriele Haefs
Weissboks Verlag
ISBN: 9783863372170
Preis: 22,00 € -
Eine ganz gewöhnliche Fliege und andere heitere Geschichten von Knut Hamsun
Elf frühe Geschichten des norwegischen Literaturpreisträgers Knut Hamsun, der sicher zu einem der bekanntesten norwegischen Schriftstellern zählt. Gabriele Haefs hat diese Geschichten herausgegeben, doch übersetzt wurden sie nicht nur von ihr, sondern auch von Dörte Giebel, Christel Hildebrandt und Evelyn Dalsrud. Was jeder Übersetzung eine ganz eigene Färbung verleiht.
Um es gleich zu sagen, es sind wundervolle Geschichten, herrlich skurill und voller Schelmerei. Gabriele Haefs schreibt im Nachwort über Hamsun, dass er immer auf der Suche nach der großen Liebe war – am liebsten nach einer unerreichbaren. In der Geschichte Die Königin von Saba nimmt er das Thema auf und lässt einen jungen Mann, der die Freundlichkeit einer Dame falsch intepretiert, diese durchs ganze Land verfolgen. Fein auch wie er beschreibt, wie man der Kreatur ausgeliefert sein kann. Wenn ein Kutschpferd nun mal beschließt sich nicht weiter zu bewegen, dann ist nichts zu machen. In der Episode von London nun, nimmt er sich der Problematik an, wie man damit umgehen kann, wenn die Natur ruft, man aber dem Ruf aber gerade nicht folgen kann.
Knut Hamsun ist vielen Lesenden durch seinen Roman Hunger bekannt und wer nur den von ihm gelesen hat, wird erst einmal abwinken und sagen, dass das Buch zwar fein sei, aber auch bedrückend. Solchen sei geraten sich nicht davon abhalten zu lassen, sich der makabar heiteren Seite Hamsun zu öffnen. Diese elf Geschichten sind ein guter Einstieg. Ohne sie hätte ich nie erfahren, wie eng das Verhältnis zu einer ganz gewöhnlichen Fliege sein kann. Ich hoffe sehr, dass der Reclam Verlag sich zu weiteren Veröffentlichungen hinreißen lässt. Im Hamsun-Fundus liegen Schätze die gehoben werden sollten.
Eine ganz gewöhnliche Fliege und andere heitere Erzählungen
Autor: Knut Hamsun
Herausgeberin: Gabriele Haefs
Übersetzerinnen: Evelyn Dalsrud, Dörte Giebel, Gabriele Haefs und Christel Hildebrandt
Nachwort: Gabriele Haefs
Verlag: Reclam
ISBN 978-3-15-011490-2
Preis: 20,00 € -
Ist es nicht ein Wunder, dass es uns gibt von Jostein Garder
Jostein Garder hat einen langen Brief an seine Enkelkinder geschrieben, in dem er ihnen von dem Wunder des Lebens erzählt. Er hat sich über die Jahrzehnte das Staunen darüber, dass es uns gibt und was uns umgibt, bewahrt und möchte dieses, gepaart mit einer Warnung, an die nachfolgenden Generationen weitergeben.
Die Kapitel sind mit einem Thema überschrieben: Eine Zauberwelt, Marienkäfer, Parapsychologie, Die Erdkugel, Geologische Zeit und so weiter.
Es ist kleines Buch, das sehr viel enthält und der Gedanke auf diese Weise, seinen Kindern und Kindeskinder Wissen zu hinterlassen, gefällt mir sehr. Allerdings habe ich auch etwas zu bemängeln und das hat nichts damit zu tun, dass ich so einiges komplett anders sehe, als Jostein Garder, sondern mit dem Ton. Schon in früheren Werken des Autors, wie etwa in Noras Welt, ist mir eine Art Predigtton aufgefallen, den ich nicht mag.
Trotz allem, ein Büchlein, das viel Wissen enthält und sich gut lesen lässt.
Ist es nicht ein Wunder, dass es uns gibt? Ein Lebensphilosophie Autor: Jostein Garder Übersetzerin: Gabriele Haefs Verlag: Hanser ISBN: 978-3-446-27714-4 Preis: 22,50 €
-
Das Mädchen auf der Himmelsbrücke von Eeva-Liisa Manner
Leena ist neun, fühlt sich alleine und missverstanden. Sie wächst bei ihrer Großmutter auf, die in der Trauer um ihre verlorenen Kinder versinkt. Sicher weiß Leena, dass die Oma sie liebt … irgendwie, aber auch, dass sie dieses träumerische Kind so gar nicht versteht. Die Schule mit ihrer strengen Disziplin ist für das Mädchen die reinste Folter und oft genug geht sie nicht hin oder freut sich über Krankheiten, die ihr eine entsprechende Entschuldigung liefern. Sie streift durch eine Art Traumstadt, die kaum bevölkert ist und fragt sich, ob das Leben nicht nur ein Traum ist, ob sie wirklich wirklich ist. Sie verzweifelt nahezu daran, dass niemand sie ernst genug nimmt, um sich mit ihren Fragen auseinander zusetzen, bis sie eines Tages in eine Kirche kommt und die Fuge von Bach hört. Die Musik wird für sie ein Erlösungserlebnis.
Die Autorin Eeva-Liisa Manner (1921 – 1995) greift in diesem schmalen Büchlein auf die Erlebnisse ihrer karelischen Kindheit zurück, wo sie nach dem Tod der Mutter, bei ihren Großeltern aufwuchs. Es ist eine sehr berührende Geschichte und die Gedankenbilder der Protagonistin so eindringlich und dabei sprachlich so leicht und lyrisch.
Ein besonderes Lob gilt hier dem Übersetzer Maximilian Murmann. Wenn man beim Lesen ist vergisst, dass es sich um eine Übersetzung handelt, wie es bei „Das Mädchen auf der Himmelsbrücke“ der Fall ist, ist das Werk wahrlich gelungen.
Das Mädchen auf der Himmelsbrücke Autorin: Eeva-Liisa Manner Übersetzer aus dem Finnischen: Maximilian Murmann Nachwort von Antje Rávik Strubel Verlag: Guggolz ISBN: 978-3-945370-36-0 Preis: 22,00 €