Biogragisch/Autobiografisch

  • Biogragisch/Autobiografisch,  Roman

    Linges Mission von Øystein Wiik

    Weihnachten 1941 fällt Martin Linge bei einer Aktion gegen die deutschen Besatzer in Malloy und wird zum norwegischen Nationalhelden. Sein Weggefährte und Freund Björn Sjovag, berät 50 Jahre später eine Theatergruppe, die Linges Leben in den Kriegsjahren, auf die die Bühne bringen will. Er will endlich die wahre Geschichte erzählen, doch zweifelt er daran, dieser Aufgabe würdig zu sein.

    Martin Linge war Schauspieler, ging in den Widerstand gegen die deutsche Besatzung und wurde von den Engländern, nach dem es ihm gelungen war, den Deutschen eine Enigma-Decodiermaschine abzujagen, für eine Spezialeinheit angeworben. Er sollte eine Gruppe Norweger rekrutieren, die sich im Land auskennen, und gemeinsam mit dem britischen Militär, sollen die Besatzer aus Norwegen vertrieben werden. Dank Linges Charisma finden sich Freiwillige für diese Aufgabe. Zu diesen gehört Björn Sjovag. Gemeinsam nehmen sie an diversen Einsätzen teil und Linge, der mit Autorität so seine Probleme hat, geht immer größere Risiken ein. Davon hält ihn auch Rosmary nicht ab. Die deutlich jüngere Rosmary Reed hat Linge in London kennen und lieben gelernt. Auch sie findet sich 50 Jahre später in Oslo ein, doch sie will zu erst nicht, dass die Geschichte ihrer großen Liebe Teil der Theateraufführung wird.

    Øystein Wiik hat sich sehr intensiv mit Martin Linge beschäftigt und schafft es, ihn werden zu lassen. Die Person Linges und die Zeit, in der für sein Land kämpft, bietet sich für einen Roman an. Øystein Wiik jedoch hat es geschafft nicht nur eine spannende Geschichte auf zwei Ebenen zu erzählen, sondern Persönlichkeiten mit all ihren Ecken und Kanten zu zeigen.

    Linges Mission
    Autor: Øystein Wiik
    Übersetzer:innen: Maike Dörries, Günther Frauenlob
    Pendragon Verlag
    ISBN 9783865328991
    Preis 26,00 €
    erscheint am 05.03.2025
    Kommentare deaktiviert für Linges Mission von Øystein Wiik
  • Biogragisch/Autobiografisch,  Roman

    Die Welt die meine war – Die neunziger Jahre von Ketil Bjørnstad

    Nach den 60ger, 70ger und 80ger Jahren sind es nun die 90ger. Ketil Bjørnstads, autobiografisches Großprojekt ist also weit fortgeschritten und dank des Osburg Verlages auch auf Deutsch zu lesen.

    Ketil Bjørnstad ist in den 90ger Jahren angekommen, weltweiter Erfolg als Jazzpianist stellt sich ein und doch tut er sich immer noch schwer, weil er nicht bei der Klassik geblieben ist. Immer mal wieder taucht ein Gefühl von Verrat an seiner Musiklehrerin Amelie Christie auf, die ihm den Wechsel nie verziehen hat. Doch neben der musikalischen Arbeit mit Kari Bremness, David Darling, Terje Riksdahl, Jon Christensen und vielen mehr geht es für ihn voran und in die Welt hinaus. Privat geht die erste Ehe in die Brüche, damit einher geht der Abschied vom Inselleben auf Sandøya und der Verflust von Freundschaften. Die Journalistin C. tritt in sein Leben und der Lebensmittelpunkt verlagert sich nach Oslo.

    Auch als Autor geht es gut voran. Villa Europa entsteht, ein Buch basierend auf Edvard Munchs Briefen und Notizen, ebenso, daraus wird auch ein Konzertprojekt. So geht es munter voran. Reisen in die USA, Bangladesh und ein zweijähriger Aufenthalt in Paris. Bjørnstad ist wie eine Kerze die an beiden Enden brennt, sagen seine Freund:innen. Er kann schlecht NEIN sagen, ist immer unterwegs und irgendwann erschöpft, doch kaum wieder auf den Beinen geht es weiter. Und jedes Jahr sagt Mutter Bjørnstad: ‚Es geht auf Weihnachten, da wird etwas Schlimmes geschehen‘. So ist es denn auch meistens. Denn „Die Welt die meine war -“ behandelt nicht nur die persönlichen Erlebnisse des Autors, sondern es ist auch eine Reise durch die Vorgänge der Zeit. Die Wiedervereinigung Deutschlands, die Auflösung der Sowjetunion, Flugzeugabstürze, Fluten und andere Katastrophen, ganz zu Schweigen von Bill Clintons sexuellen Unternehmungen. Die Katastrophe die ausbleibt, ist der Zusammenbruch der Wirtschaft durch die Datumsumstellung auf 2000.

    Ein Leseerlebnis der besonderen Art. Bjørnstad ist in den 90gern in seinen 40zger Jahren. Er ist beruflich erfolgreich und scheint manchmal selbst nicht glauben zu können, dass es so ist. An manchen Stellen, schimmert unter dem klugen, anteilnehmenden Erzähler der dicke Bjørnstad Junge der 60ger Jahre durch, der sich danach sehnte irgendwo hinzugehören und befürchtete, seinen Platz inder Welt nicht zu finden. Das Ganze ist mit reichlich Humor gewürzt und ein schöner Rückblick auf eine bewegte Zeit.

    Die Welt die meine war - Die neunziger Jahre
    Autor: Ketil Bjørnstad
    Übersetzer:innen: Andreas Brunstermann, Gabriele Haefs, Kerstin Reimers, Nils Hinnerk Schulz
    Osburg Verlag
    ISBN: 9783955103545
    Preis: 28,00 €
  • Biogragisch/Autobiografisch,  Roman

    Letzte Reise nach Paris von Michael Zeller

    Es ist Frühling 1906, Paris, eine kleine Pension im Quartier Latin. Der angehende Dramatiker Anderland, brütet über seinen Notizen. Ein Stück über Marat, seinen Helden der französischen Revolution, will er schreiben, als Geräusche im Nebenzimmer darauf schließen lassen, dass er einen neuen Nachbarn bekommt. Es stellt sich heraus, dass es sich um eine Dame handelt, die Malerin Paula Moderson-Becker, die sich allerdings nun nur Becker nennt, da sie dabei ist sich von ihrem Mann, den Maler Otto Moderson zu trennen. Er beginnt Paula regelmäßig zu besuchen und wie es kommen muss, verliebt er sich in sie. Die Angebetete hat allerdings nur ein freundschaftliches Interesse an Anderland. Denn sie ist nach Paris gekommen um zu malen und um frei von jeglicher Bindung zu sein.

    Anderland ist ein romantischer Schwärmer und da Paula Becker ihn nicht erhört, ist er sicher, es muss einen anderen geben. Da ist zum Beispiel dieser Rainer Maria Rilke, den Anderland regelrecht hasst und dann ein Mäzen, ein Herr Hötger, der Paulas Malerei fördert. Anderland ist überzeugt, dass es da doch ein Techtelmechtel geben muss. Er leidet also, aber nicht nur aus Liebe, sondern weil er bereits ahnt, dass sein Talent zum Dramatiker nicht wirklich reichen wird.

    Im Nachwort erzählt Michael Zeller, wie er auf den Stoff gekommen, denn diesen Anderland hat es gegeben und die 30 Seiten, in der er über seine Begegnung mit Paula Moderson-Becker berichtet, wurden zur Grundlage für „Letzte Reise nach Paris“. Michael Zeller lässt seine beiden Hauptfiguren in ihren Ateliergesprächen die wichtigen Themen angehen, Kunst, Freiheit, Tod und Mutterschaft und das macht er brilliant und so lebendig, dass man das Gefühl hat dem Gespräch der Beiden zu lauschen und nicht nur davon zu lesen.

    Eine absolute Leseempfehlung!

    Letzte Reise nach Paris
    Autor: Michael Zeller
    Verlag: Rote Katze Verlag, Lübeck
    ISBN: 978-3-910563-19-3
    Preis: 20,00 €
  • Biogragisch/Autobiografisch,  Norwegen

    Rückkehr in die Zukunft von Sigrid Undset

    Am 09. April 1940 geschieht, womit die wenigsten Norweger:innen gerechnet haben: Die Deutschen marschieren ein. Sechzig Tage wehren sich die unvorbereiteten Norweger:innen, dann müssen sie kapitulieren. Die Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Sigrid Undset steht weit oben auf der Schwarzen Liste der Besatzer, hat doch Goebbels verkündet, er würde dafür sorgen, dass der Name Sigrid Undset nie wieder in Norwegen erwähnt werde.

    Undset flieht auf Skiern und Schlitten nach Schweden, wo sie Verwandte, Freunde und ausstehende Honorare hat. Sie bekommt eine Reisegenehmigung für sich und ihren Sohn Hans in die USA und macht sich über Russland und Japan dorthin auf den beschwerlichen Weg.

    In den USA angekommen, beginnt sie „Rückkehr in die Zukunft“, zu schreiben. Es ist 1941 und so einiges was in Norwegen geschieht entzieht sich ihrer Kenntnis. Da Sigrid Undset eine ist, die kein Blatt vor den Mund nimmt und in ihrem Eigensinn, an Kristin Lavranstocher, der Heldin ihrer gleichnamigen Roman Trilogie, erinnert, äußert sie sich laut und abfällig über die Zustände im stalinistischen Russland. Über den Dreck und das Elend, das ihr in Moskau und Wladiwowstok begegnen. Während ihrer Reise denkt sich über Menschen und ihren Hang zu Diktaturen und Totalirismus statt.

    Die autobiografische Erzählung ist ein Stück Zeitgeschichte. Keine Frage, allerdings ist Undsets Deutschenhass, man kann es fast Rassenhass nennen, teils nur schwer zu ertragen. Und doch wünsche ich mir, dass dieses Buch viele Lesende findet. Gerade bei den derzeitigen Entwicklungen, nicht nur in Deutschland, kann es nur hilfreich sein, einen kritischen Blick zu zulassen.

    Rückkehr in die Zukunft - Eine autobiografische Erzählung
    Autorin: Sigrid Undset
    Übersetzerin: Gabriele Haefs
    Nachwort: Gabriele Haefs
    Verlag: Kröner
    ISBN: 9783520629012
    Preis: 25,00 €
  • Biogragisch/Autobiografisch,  Norwegen

    Erik der Rote von Øystein Morten

    Erik der Rote, der Entdecker Amerikas. Was für ein Titel und was für ein Buch. Gehört hat man ja schon viel über diesen, aus einer Entdeckerfamilie stammenden, Wikinger, der über Norwegen nach Island kam und von dort nach Grönland aufbrach, wo er sich Land nahm; dann zurück nach Island ging, um weitere Siedler für das grüne Land zu werben. Schließlich brachen 25 Schiffe in das neue Land auf und 14 von ihnen erreichten ihr Ziel. Eine Erfolgsgeschichte! Sicher, aber eine mit holperigen Beginn. Erik ist wahrscheinlich 14 oder 15 als er und sein Vater von Jaeren, Norwegen nach Island aufbrechen, das Land das von Eriks Großvater Nadd Odd entdeckt wurde. Dort nehmen sie Land im Norden. Später siedelt Erik südlicher, heiratet, gerät in Streit mit den Nachbarn und wird vom Thing das erste Mal für vogelfrei erklärt. Er bringt sich in Sicherheit, gerät abermals in Streit, wird nun in einem anderen Bezirk für vogelfrei erklärt und macht sich auf nach Grönland.

    Øystein Morten nun, nimmt sich die 40 Sätze der Saga um Erik des Roten vor und geht ihr nach. Im Februar März 2020 bricht er mit seinem Sohn nach Island auf und besucht die Plätze, an denen Erik gelebt hat. Dann kommt Covid und das Projekt gerät ins Stocken, bis er eine Möglichkeit findet Eriks Spuren virtuell zu verfolgen. Die Recherche zu diesem Buch ist genau so spannend, wie die Geschichte Eriks und seiner Nachkommen, von denen der bekannteste wohl Leif Erikson gewesen sein dürfte, der schließlich Vinland/Amerika entdeckte. Die 40 Sätze in der Saga um Erik sind im Grunde sehr mager und nicht sehr aussagestark, es wird eher schnörkellos festgestellt was Erik wann getan hat, aber Øystein Morten versteht es die 40 Sätze mit Leben zu füllen und nimmt den Leser, die Leserin auf eine interessante Entdeckungsreise in die Vergangenheit mit.

    Fazit: Unbedingte Leseempfehlung!

    Erik der Rote
    Autor: Øystein Morten
    Übersetzerin: Gabriele Haefs
    Verlag: Kröner
    ISBN: 9783520629036
    Preis: 30,00 €
  • Biogragisch/Autobiografisch,  Roman

    Die göttlichen Kindchen von Tatjana Gromača

    https://www.genialokal.de/Produkt/Tatjana-Gromaca/Die-goettlichen-Kindchen_lid_49266027.html?storeID=zapata

    Tatjana Gromača nimmt ihre Leser:innen mit in die seditierte Stadt und zeigt anhand ihrer Familiengeschichte, welche Auswirkungen der Jugoslawienkrieg auf die Menschen hatte und hat. Denn diese Traumata sind nie vorbei. Sie schreibt nicht nur aus der Sicht der Tochter, sondern begibt sich in verschiedene Rollen. Mal ist sie Protokollantin, mal Gerichtsschreiberin, mal Dolmetscherin, die ihre Mutter in die Abseitsposition begleitet, als auf einmal Herkunft wieder zählte, diese zur Aussätzigen für ihre Nachbarn wurde – und der Vater mit ihr, da er nicht einsehen wollte – , dass es ab sofort galt alle die östlicher geboren waren zu hassen. Die Mutter entwickelt eine Art Schlafkrankheit und landet immer einmal wieder in der Psychiatrie. Nicht, wie Gromača schreibt, weil sie nicht normal ist, sondern weil sie zu normal ist, um den Wahnsinn der Welt zu ertragen.

    Durch den Rollenwechsel der Autorin zu Dolmetscherin, Gerichtsschreiberin und Protokollantin hat ihre Geschichte eine interessante Form abgenommen, die mal sehr nahe und persönlich ist, um sich dann wieder in eine distanzierte allgemeine Perspektive zu begeben. So entsteht aus den Fragementen ein eindrückliches Bild, einer durch Krieg traumatisierten, patriachalisch ausgerichteten Gesellschaft.

    Fazit: Unbedingte Leseempfehlung!

    Die göttlichen Kindchen
    Tatjana Gromača
    Übersetzer: Will Firth
    ISBN: 9 783948 065249
    Preis: 20,00 €
    Edition Stroux