Roman
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Schneezauber über Stockholm von Camilla Davidsson
Es geht auf Weihnachten und wer macht es sich in der Zeit nicht gerne mit Tee, Gebäck und einem romantischen Schmöcker gemütlich? Wenn das Ganze auch noch interessante Wendungen hat, in einer schönen Stadt spielt, man den Glögg förmlich riecht und die Lichter blinken, ist die Welt doch in Ordnung.
In Ordnung ist sie allerdings für die Protagonistin dieser Geschichte anfangs so gar nicht. Alice ist nach der Trennung von ihrem langjährigen Freund in eine Depression versunken. Nicht nur ihn ist sie losgeworden, sondern auch ihren Job. Nun ist es kurz vor Weihnachten, sie hockt in ihrer Wohnung und das Geld wird knapp. Da schickt Freundin Wilma ihr Samuel, einen Krimiautor, der sich nun in Sachen Feelgood Roman versuchen will, und einen Coach braucht. Alice greift zu und wird aus ihrer Höhle gelockt. Samuel und sie kommen sich näher, da ist aber auch noch Elias, ein sehr attraktiver Schauspieler, der sich für Alice interessiert. Doch nicht nur das Interesse am anderen Geschlecht wird bei unserer Heldin geweckt, nein sie entdeckt auch die Weihnachtsfreude wieder.
Ein Schmöcker so richtig fürs Herz und Gemüt.
Schneezauber über Stockholm
Autorin: Camilla Davidsson
Übersetzerin aus dem Schwedischen: Gabriele Haefs
Verlag: Fischer
ISBN: 9783596709182
Preis: 13,00 € -
Schwäbisches Capriccio von Anšlavs Eglītis
Anšlavs Eglītis Episodenroman Schwäbisches Capriccio hat deutlich autobiografische Züge. Allerdings ist der Autor im Gegensatz zu seinem Alterego Pēteris Drusts kein Junggeselle, sondern traf mit seiner Frau, der Kunstmalerin Veronika Janelsina, gegen Kriegsende auf der Alb ein. Taiflingen, das heute ein Stadtteil von Albstadt ist, wurde zu seinem fiktiven Pfifferlingen.
Es ist 1945, kurz vor Kriegsende, als Pēteris Drusts auf der Schwäbischen Alb landet. Eigentlich wollte er direkt in die Schweiz und von dort denn weiter. Doch nachdem er zuerst aus Riga vor der Roten Armee geflohen ist und später in Berlin ausgebombt wurde, landet er in dem gar nicht ganz so kleinen, beschaulichen Pfifferlingen und bleibt dort hängen. Er, der weltgewandte Großstädter, ist erstaunt, wie unberührt vom Krieg das Städtchen wirkt, in dem soviele Einwohner Bitzer heißen und in dem sich so wenig ändert. Vier Jahre verbringt Pēteris Drusts in Pfifferlingen und beobachtet die Schwaben und erkennt dabei: Ratschläge erhalten mögen die Schwaben nicht, allerdings geben sie gerne welche!
Eine Arbeit aufnehmen will Pēteris Drusts nicht, einmal weil er die Kriegswirtschaft nicht unterstützen will und zum anderen, will er ja auch gar nicht bleiben. Mehr aus einer Laune heraus besorgt er sich ein Zimmer und Lebensmittelkarten und versucht den Tag herumzubekommen ohne das seine Arbeitslosigkeit entdeckt wird. Denn in Pfifferlingen geht der erwachsene Mann morgens zur Arbeit, kommt zum Mittagessen heim und arbeitet dann bis zum Feierabend weiter. Dabei hat er Zeit seine Mitmenschen zu beobachten und sich zu wundern. Manchmal erinnern seine humorvollen Beobachtungen fast an Schilda. Da ist zum Beispiel die Sparsamkeit. Einem gewissen Hanno zum Beispiel brennt das Haus ab, weil er sich nicht für eine Löschmethode entscheiden kann. Schließlich weiß man nie, ob es nicht eine kostengünstigere Variante gäbe. Dann ist da der Bürgermeister, ein besonnener Mann, der immer einen Weg findet, die Befehle der Nazi-Regierung zu befolgen, aber eben nicht ganz. Er handelt besonnen und im Interesse seiner Stadt. Grund zum Wundern geben auch der Gleichtakt des Alltags und die frugalen Mahlzeiten, die einem bei Einladungen serviert werden.
Schwäbisches Capriccio
Autor: Anšlavs Eglītis
Aus dem Lettischen und mit einem Nachwort von Berthold Forssman
Verlag: Guggolz
ISBN 978-3-945370-47-6
Preis: 25,00 € -
Phytopia Plus von Zara Zerbe
Zara Zerbes Debütroman spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft. Der Klimawandel hat das seine bewirkt, Überschwemmungen, extreme Hitze, leere Supermärkte. Die Armen wohnen im südlichen Teil der Stadt, dem Brackland der Elbe, die Reichen im Norden in abgeriegelten, bewachten Wohnanlagen mit Biosupermarkt und Wachpersonal. Der Traum von einem Weiterleben nach dem physischen Tod ist nach wie vor vorhanden; und laut der Drosera AG gibt es die Möglichkeit, sein Bewusstsein via Chip in einer Pflanze zu speichern. Aylin ist Aushilfsgärtnerin in der Firma und pflegt diese Pflanzen. Privat handelt sie mit selbstgezogenen Pflanzen, um sich einigermaßen gesunde Nahrung leisten zu können. Als eine der Speicherpflanzen beginnt eine besonders schöne Blattzeichnung zu zeigen, nimmt sie Ableger davon mit nach Hause. Erwartungsgemäß finden Pflanzen mit dieser Maserung reißenden Absatz, doch Aylins Zweifel und Ängste wachsen, denn letztendlich ist es eine kriminelle Handlung Pflanzen aus den Gewächshäusern der Drosera AG mitzunehmen. Doch Aylin braucht Geld. Sie wünscht sich die 350 000 € zusammen zu bekommen, um das Bewusstsein ihres Großvaters mit einer Pflanze verschmelzen zu lassen.
Wenn man Zara Zerbe in Aylins Leben folgt, macht sich ein leichtes Unwohlsein breit. Denn die sozialen Verwerfungen und die Umweltschäden, sind schon heute spürbar, wenn auch nicht so deutlich, wie in Phytopia Plus. Ein sehr heutiges Buch von einer Autor:in, die begriffen hat, das zeigen sehr viel eindringlicher ist, als beschreiben. So schwelgt sie nicht in Katastrophenbeschreibungen, sondern zeigt, wie die Menschen mit den Folgen leben müssen.
Zara Zerbe hat für Phytopia Plus den Phantastik Preis der Wetzlar erhalten. Völlig zu Recht, wie ich finde.
Phytopia Plus
Autorin: Zara Zerbe
Verlag: Verbrecher Verlag
ISBN: 978-3-95732-581-5
Preis: 25,00 € -
Lieferdienst von Tom Hillenbrand
Der Lieferdienst der Zukunft! Keine langen Umwege mehr, um die Ware zum Auslieferer zu transportieren. Die Firmen schicken die Matrix an die Lieferdienste, die drucken per 3D-Drucker aus und ihre Auslieferer schwingen sich aufs Hoover Board, allerdings erst nachdem sie sich überzeugt haben, dass sie ihren Visierhelm aufhaben und bewaffenet sind. Denn es herrscht ein harter Konkurrenzkampf. Arkadi ist einer dieser Auslieferer, er kennt sich aus, weiß wie er die Konkurrenz austricksen kann und hat die Firmenreligion inklusive Rangsystem verinnerlicht. Zum Anfang der Geschichte hinterfragt er nicht allzuviel. Warum auch? Die angebliche Überproduktion kann ja kein Problem sein, heißt es doch, dass alles was nicht ausgeliefert werden konnte, wieder in seine Atome zerlegt wird. Doch eines Tages, verläuft Arkadis eigentlich normaler Arbeitstag ein wenig anders. Seine Welt gerät ins Wanken und sein Leben in Gefahr.
Dick ist das Buch mit seinen 189 Seiten wahrlich nicht, aber gemessen an dem was es enthält schon. Tom Hillenbrand versteht es meisterlich auch auf wenigen Seiten eine komplexe Geschichte mit vielen Untertönen zu erzählen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich es mir an einigen Stellen etwas ausführlicher gewünscht hätte. Wahrscheinlich bin ich von Hologrammatica und Qube verwöhnt, Bücher von Hillenbrand in denen ich einige Tage schwelgen konnte, während ich Lieferdienst in einem Rutsch durchgelesen habe.
Lieferdienst
Autor: Tom Hillenbrand
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
ISBN: 9783462006216
Preis: 20,00 € -
Blue Sisters von Coco Mellors
Avery: Anwältin, lebt in London, verheiratet mit der perfekten Frau, lebt in dem perfekten Haus und hat doch das Gefühl, dass ihr Leben alles andere als perfekt ist.
Bonny: Boxerin, nach einem diaströsen Kampf flieht sie nach Kalifornieren und arbeitet als Türsteherin.
Lucky: lebt in Paris und dauernd unterwegs. Modell und Partymaus der Extraklasse, ist gerade dabei ihre Karriere und sich selbst gegen die Wand zu fahren.
Nicky: Lehrerin und tot!
An Nickys ersten Todestag erhalten die Schwestern eine E-Mail ihrer Mutter, in der sie mitteilt, dass sie die New Yorker Familienwohnung verkaufen wird. Wenn die Schwestern sich Andenken von der verstorbenen Schwester sichern wollen, sollen sie dies tun, bevor die Wohnung geräumt wird. Seit Nickys Tod ist das Leben, der eng miteinander verbundenen Schwestern aus der Bahn geraten. Avery, die oft genug Mutterstelle an ihren Schwestern vertreten hat, sieht sich vom Kinderwunsch ihrer Frau überfordert und ist nicht in der Lage zu kommunizieren, dass sie kein Kind will. Das Thema, dass sich durchs Buch zieht ist Sucht. Während Avery durch das Klauen kompensiert, ist Lucky dabei sich langsam aber sicher ins Grab zu saufen und zu koksen. Selbst Bonnie, die weder klaut, noch trinkt, noch Drogen nimmt, hat ihre Sucht. Sie flüchtet sich in den Sport. Auch Nicky, die „normalste“ der Drei, die Lehrerin, mit der Endometriose war süchtig, in dem Fall nach Schmerzmittel und ist an einer Überdosis gestorben. Die Suchtgeschichte der Familie geht weiter zurück, der Vater ist Alkoholiker, die Mutter Co-abhängig.
Doch es ist nicht nur ein Buch über Süchte. Es ist eine Geschichte von Verbundenheit. Denn trotz aller Diskrepanzen sind die Schwestern sich nahe, auch wenn sie nach Nickys Tod ein wenig auseinandergedriftet sind, ist das Band doch stark genug, wieder zueinander zu finden.
Es dauerte einige Seiten, bis mich das Buch gepackt hatte. Dann aber so total, dass ich es am liebsten in einem Rutsch durchgelesen hätte. Die zarten Fäden, die der Geschichte Struktur geben sind fein gesponnen und es dauert ein wenig bis man merkt, wie komplex diese scheinbar leicht erzählte Geschichte der vier Schwestern ist.
Das Buch erscheint am 30. August 2024
Blue Sisters
Autorin: Coco Mellors
Übersetzerin: Lisa Kögeböhn
Verlag: Eichborn
ISBN: 978-3-8479-0186-0
Preis: 24,00 € -
Relight my Fire von C. K. Mcdonnell
Endlich ist er da, der vierte Teil der Stranger Times Serie von C. K. Mcdonnell und es ist wieder eine rasante Geschichte.
Im dritten Teil hat Stella (Name und Alter unbekannt, wirkt aber wie ein Teenager) einen der Begründer in Notwehr getötet. Leider sehen die Begründer nicht wirklich ein, dass es Notwehr war und so ist es angebracht, dass sie keine Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Sie ist nun an der Universität und möchte eigentlich auch nichts anderes, als ein normales Leben führen, was schwierig wird, als ihr ein junger Mann aus größer Höhe direkt vor die Füße fällt und sein Leben aushaucht. Hanna die, im Wechsel mit den anderen der Belegschaft, Stella aus Sicherheitsgründen folgt, hat den Sprung gesehen und das der junge Mann nicht einfach sprang und auf den Boden klatschte, sondern einige Zeit schwebte. Natürlich ein Fall für die Stranger Times! Allerdings ist Bancroft (Irlands Rache für alles was England den Iren angetan hat, wie Reggie ihn nennt), abgelenkt, denn er wird von jemanden verfolgt, er ihm mitteilt, dass er Banecroft aufgrund seiner Taten in der jüngeren Vergangenheit in Bezug auf einen Geist, in die Hölle zerren wird, außer er schafft es Klarheit in eine gewisse Angelegenheit zu bringen.
Auch diesmal ist es wieder ein Vergnügen mit dem Team der Stranger Times auf Recherche zu gehen und sich an den skurillen Gestalten, den Alten wie den Neuen, zu freuen. Brian, der Ghoul, ist mein absoluter Favorit, auch wenn er etwas seltsame Toilettengewohnheiten hat.
Relight my Fire
Autor: C. K. Mcdonnell
Übersetzer: André Mumot
Verlag: Eichborn
ISBN: 9783847901761
Preis: 22,00 € -
Das Verschwinden von Sandra Newman
Eine Welt ohne Männer! Sandra Newman stellt sich in „Das Verschwinden“ genau das vor. In ihrem Roman verschwinden sämtliche Y-Chromosom-Träger plötzlich und lassen teils ratlose, teils traurige und viele feiernde Frauen zurück. Eine die nicht so richtig weiß, ob sie trauern oder feiern soll ist Jane Pearson, aber sie will trotz ihrer Ambivalenz ihren Mann und Sohn wiederhaben und sie glaubt zu wissen, wer ihr helfen könnte. Evangeline Moreau, die Anführerin einer politischen Bewegung, mit der sie auf dem College befreundet war. Als die Beiden aufeinandertreffen verliert Jane für kurze Zeit ihr Ziel die Männer zurückzuholen aus den Augen und widmet sich dem Aufbau einer neuen, einer feministischen Gesellschaft. Doch dann tauchen Videos auf, die Männer in einer surrealen Welt zeigen und immer mehr werden von ihren Frauen und Müttern erkannt. Dann entdeckt Jane eine Möglichkeit die Männer zurückzuholen.
„Das Verschwinden“ habe ich nicht ohne ein gewisses Befremden gelesen und war trotzdem gefesselt. Sandra Newman erzählt hier nicht nur die Geschichte von Evangeline und Jane, sondern richtet den Scheinwerfer auf verschiedene Frauen, die aus unterschiedlichen Verhältnissen kommen. Insgesamt lässt Sandra Newman die männerlose Welt recht schlüssig entstehen und doch hätte ich mir mehr Mut zur Veränderung, zum Beipsiel in den hierachischen Strukturen gewünscht.
Das Verschwinden
Autorin: Sandra Newman
Übersetzerin: Milena Adam
Verlag: Eichborn
ISBN: 9783847901327
Preis: 24,00 € -
Babel von R. F. Kuang
Ein fiktives England zu viktorianischen Zeiten. Die Macht des Imperiums beruht auf Silber und auf Sprache. So kommt Robin Swift, ein Junge aus Kanton, nach England. Er wuchs in Kanton auf, seinen chinesischen Namen erfahren wir nicht, nur dass er neben einer Mutter eine englische Governante hatte. Die Mutter stirbt während einer Cholera Epidemie und der junge Robin, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht so heißt, wird von einem Engländer mit Namen Prof. Richard Lovell, nach England gebracht. Dieser erzieht ihn, lässt ihn die klassischen Sprachen und neben Kanotnesisch auch noch Mandarin lernen und schließlich wird Robin in Babel, dem eigentlichen Zentrum der Macht, eingeschrieben, um Silberwerk zu lernen. Denn das Englands Schiffe schneller sind, als die anderer Nationen, dass die Kutschen sicherer fahren, die Bewohner gesünder sind und Gebäude, entgegen alle Regeln der Statik, in den Himmel wachsen, all das beruht auf der Macht des Silberwerkens. Aus der Kombination von Silber und Wortpaaren aus verschiedenen Sprachen.
In Oxford lernt Robin Rami, Victoire und Letty kennen, die ebenfalls für das Studium in Babel zugelassen sind. Es entsteht eine Freundschaft zwischen den Vieren, die nicht nur auf Zuneigung beruht, sondern auch auf ihrer Andersartigkeit. Letty und Victoire sind schon als Frauen Fremdkörper in Oxford, Victoire noch mehr, da sie schwarz ist. Robin und Rami haben ebenfalls mit Rassismus zu kämpfen.
Robin ist stolz in Babel zu sein, er ist klug und wissbegierig und er fühlt sich endlich sicher, bis er auf die Untergrundgruppe Hermes trifft, die dafür kämpft, dass das Silberwerk nicht nur England zur Verfügunge steht, sondern auch den Ländern, die es liefern.
Babel ist eines der Bücher, das man nicht weglegen kann und das man nach Beenden am liebsten sofort noch einmal von Vorne beginnen würde. R. F. Kuang hat eine unglaubliche erzählerische Qualität. Sie schafft es den Leser, die Leserin, in eine andere Welt mitzunehmen und sie teilhaben zu lassen. Etymologische Erklärungen lesen sich nicht als Lehrvortrag, sondern sind mit der Handlung verwoben. Ihre Charaktere sind lebendig in ihrem Hin- und Hergerissensein zwischen Hoffnung, Zweifel und dem Wunsch das Richtige zu tun.
Also kurz gesagt: Eine unbedingte Leseempfehlung
Babel
Autorin: R. F. Kuang
Übersetzerinnen: Heide Franck, Alexandra Jordan
Verlag: Eichborn
ISBN: 9783847901433
Preis: 26,00 € (Hardcover) -
Herzensbrecher von Anne B. Ragde
Jonetta ist Mitte 50 und steckt fest. Sie hat einen Job, den sie nicht mag, einen Sohn, der das Haus nicht verlassen will und sich auf ihre Kosten schadlos hält. Sie ist es so leid, einen arbeitslosen 25-jährigen, der sie nicht respektiert und ihr Leben bestimmt, mit durchzuschleppen. Selbst in ihrer Hütte kommt sie nicht zur Ruhe. Der ersehnte Urlaub wird zum Alptraum und Jonetta wird aus der Starre geworfen, die sich über sie gelegt hat. Und bei allem die Fragen: Wer ist dieser Mann eigentlich, der ihr den Raum zu Atmen nimmt? Was ist aus dem netten Jungen geworden, der sie doch einmal geliebt hat?
Anne B. Ragde ist eine Meisterin ihres Faches. In kurzen Kapiteln nimmt sie ihre Leser:innen mit in die Gedankwelt Jonettas, lässt sie an ihrer Hilflosigkeit, ihrer Bedürftigkeit und ihren Ängsten teilhaben. Von Kapitel zu Kapitel schwankt man beim Lesen zwischen dem Wunsch Jonetta zu schütteln oder einfach in den Arm zu nehmen. Die Spannung, ob Jonetta es schaffen wird, sich ihr Leben, ihren Raum, zu erobern, baut sich auf und bis zu letzt ist man sich nicht sicher ob sie es schafft.
Fazit: Unbedingte Leseempfehlung, spannend wie ein Krimi
Herzensbrecher
Autorin: Anne B. Ragde
Übersetzerin: Gabriele Haefs
Verlag: btb
ISBN; 978-3-442-77384-8
Preis: 12,00 € -
Yellowface von R. F. Kuang
März 11, 2024
Zwei Yale Studentinnen träumen davon Schriftstellerin zu werden. Beide schreiben ihren ersten Roman, doch während Athena Lius Buch gehypt wird, floppt June Haywards total. Während die chinesischstämmige Athena von Erfolg zu Erfolg, von Talkshow zu Talkshow wandert, droht June in der Vergessenheit zu versinken und schlägt sich mit Gegelegenheitsjobs durch. Die beiden Frauen verbindet eine ambivalente Freundschaft. Während eines Treffens in Athenas Wohnung stirbt diese durch einen Unfall. June klaut den ersten Entwurf von Athenas neuem Roman, schreibt ihn fertig und bringt ihn unter dem Pseudonym Juniper Song heraus. Kann das gut gehen? Natürlich nicht, denn irgendwer, weiß immer irgendwas und dann sind da ja die sozialen Medien über die sich leicht Empörung schaffen lässt. Schon bevor jemand ihr ob des Diebstahls auf die Schliche kommt, gerät June in so manches Kreuzfeuer, wegen ihres Autorinnennamens, denn Juniper Song klingt doch arg asiatisch. Da ist natürlich genügend Raum für Diskussion. Denn ist es in Ordnung das eine weiße Frau über ein chinesisches Arbeiterkorps im ersten Weltkrieg schreibt, und dann auch noch einen Namen auf das Buch setzt, der vermuten lässt, dass sie asiatischer Abstammung ist?
Rebecca F. Kuang hat da eine feine Satire über den Buchmarkt dieser Tage geschrieben. Über Cancelkultur, über die sozialen Medien, die es leicht machen, gegen alle Regeln des guten Geschmacks zu verstossen und über die Einsamkeit, die sowohl Erfolg als auch Scheitern, nach sich zieht. Ein sehr heutiges Buch und eines das Spaß macht zu lesen.
Yellowface Autorin: Rebecca F. Kuang Verlag: Eichborn ISBN: 9783847901624 Übersetzerin: Jasmin Humburg Preis: 24,00 €