• Roman

    Miss Sonderbar von Sabine Stamer

    Britta ist die ruhige Tochter von Holger und Ruth … bis sie auf die Uni geht. Dort beginnt sie sich merkwürdig zu verhalten, sie entwickelt einen Verfolgungswahn, hört Stimmen, setzt ihr Zimmer ausversehen in Brand. Die Eltern holen sie nach Hause und erklären sich das Verhalten ihrer Tochter mit Stress und ungewohnter Umgebung. Britta erholt sich und geht zurück an die Uni, tatsächlich scheint alles gut zu gehen, aber der Schein trügt. Immer mehr driftet sie in eine Welt ab, zu der nur sie Zugang hat. Wieder geht es vorübergend besser, wieder zurück an der Universität lernt sie Jörg kennen. Sie heiraten, sie bekommen ein Kind und wieder nimmt Britta ihre Medikamente nicht und landet nun in der Psychiatrie. Holger, der Vater will nicht wahrhaben, dass es sich um eine Psychische Erkrankung handelt. So etwas hat es in seiner Familie nicht zu geben. Ruth, die Mutter, ist überfürsorglich und Schwester Maike, anerkennt zwar, dass Britta krank ist, ist aber überfordert und zieht sich zurück. Für Britta geht es weiter bergab, Missbrauch, Drogen, Psychiatrie – abgelöst von relativ normalen Zeiten und doch steht sie am Ende auf der Autobahnbrücke. Mit der Szene beginnt Sabine Stamer Brittas Geschichte zu erzählen. Sie lässt alle um die Betroffen in Protokollen zu Wort kommen.

    Miss Sonderbar ist Sabine Stamers erstes belletristisches Buch. Die Autorin ist tief in das Thema psychische Erkrankung eingetuacht und das Buch geht einem unter die Haut. Einfühlsam beschreibt sie nicht nur die schizophrenen Phasen Brittas, sondern auch die Reaktionen der Umwelt. Die Sprachlosigkeit der Familie, denn man will ja nicht zugeben, dass es so etwas bei ihnen gibt. Aber auch wie schwer es ist, Hilfe zu finden und vor allem, dass unter so einer Erkrankung nicht nur der oder die Betroffe leidet, sondern alle um sie herum.

    Miss Sonderbar
    Autorin: Sabine Stamer
    Verlag: Rote Katze, Lübeck
    ISBN: 9783910563384
    Preis: 22,00 €
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  • Norwegen,  Roman

    Der Tøyen Effekt von Bjarte Breiteig

    Tøyen, ein Stadtteil in Oslo. Berüchtigt für seine Armut und Kriminalität. Von der Stadtverwaltung schon lange als Auffangbecken für Asylsuchende und auf soziale Unterstützung Angewiesene genutzt. Hierhin ziehen Mona, Jostein und ihr Sohn Kalle. Schnell beginnen sie sich zu engagieren, suchen Kontakt zu den Nachbarn, helfen bei Anträgen und schließen Freundschaften. Auch soll ihr Sohn Kalle dort in die Schule gehen und nicht auf eine der „besseren“ Schulen in einem angeseheneren Bezirk. Wie es viele die, ähnlich wie sie, nicht aus sozialer Not in Tøyen leben, halten. Mona arbeitet als Lektorin in einem kleinen Verlag und Jostein kümmert sich um Kalle und arbeitet als freiberuflicher Lektor. Das allerdings immer weniger, je mehr er sich im Stadtteil engagiert. Schließlich gründen sie ein Café, das von den Bwohner:innen Tøyens gemeinschaftlich betrieben wird. Endlich erreichen sie, was sie immer wollten, die Stadtverwaltung wird aufmerksam und ist bereit in Tøyens Infrastruktur zu investieren. Doch das bringt nicht nur Gutes. Denn nun ist Tøyen angesagt, Cafés und Restaurants der teureren Klasse entstehen. Denn, mit dem Syrienkrieg, kommt die nächste Flüchtlingswelle. Bei Mona setzt Frust ein, während Jostein sich neu gefordert und gebraucht fühlt. Mona beginnt sich ein anderes Leben vorzustellen und erwägt die Trennung von Jostein.

    Als Jostein von einem Vortrag nicht aus Kopenhagen zurückkommt, refelktiert Mona über ihre Beziehung und über das Leben, über ihr großes gemeinsames Projekt und wie alles so aus dem Ruder laufen konnte.

    Bjarte Breiteig beschreibt einen Stadtteil, wie es ihn in jeder größeren Stadt gibt. Und er schaut genau hin und das ohne moralisch erhobenen Zeigefinger und ohne Patentrezept. Seine Protagonist:innen sind Personen mit Ecken und Kanten, die oft genug zwischen Hingabe und Selbstzweifel schwanken.

    Ein wichtiges Buch!

    Der Tøyen Effekt
    Autor:Bjarte Breiteig
    Übersetzer: Bernhard Strobel
    Verlag: Luftschacht
    ISBN: 9783903422520
    Preis: 26,00 €

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  • Krimi,  Pendragon Verlag,  Roman

    Das Nest von Sophie Morton-Thomas

    Fran betreibt eine Wohnwagensiedlung in der Nähe von Norwich. An deren Rand lebt sie mit ihrem Mann Dom und Sohn Bruno. Es ist ein idyllisches Fleckchen, während Dom in der Stadt arbeitet, verwaltet Fran die Siedlung und kümmert sich um ihren Sohn. Auf dem Platz leben auch Frans Schwester Ros, ihr Schwager Ellis und deren Tochter Sadie. Ellis hatte Alkoholprobleme und Ros und er sind arbeitslos. Es ist früh im Jahr, kaum einer der Wohnwagen ist besetzt. Frans größte Freude ist es, die Vögel des Marschlandes zu beobachten. Doch es stehen Veränderungen bevor. Bruno und Sadie bekommen eine neue Lehrerin und eine Gruppe Roma lassen sich in der Nähe der Wohnwagensiedlung nieder. Die Lehrerin sorgt für Gesprächsstoff in dem kleinen Ort, dann ist sie plötzlich verschwunden und wird wenig später ermordet aufgefunden. Alles unausgesprochene hängt wie eine Gewitterwolke über den Menschen und man spürt in jedem Satz, dass es sich jederzeit entladen kann.

    Sophie Morton-Thomas hat sich für zwei Erzählperspektiven entschieden, einmal lässt sie Fran zu Wort kommen und zum anderer Tad, einen älteren Roma. Tad sieht von außen auf die Spannungen zwischen Fran und den ihren. Und die gibt es nicht zu knapp. Da ist Sadie, Frans Nichte, die immer ein wenig zu erwachsen scheint und mit Bruno Geheimnisse teilt. Da ist Ros, die in einer Depression festhängt und Ellis, der mit seinen Dämonen kämpft. Frans Mann Dom, der sich anscheinend allem entzieht und Fran selbst, die sich mehr und mehr in die Vogelbeobachtungen flüchtet. All das Unausgesprochene, zu denen noch die Verdächtigungen kommen, wer die Lehrerin ermordet haben könnte, hängen wie eine dunkle Wolke über allen.

    Das Nest, ist in so fern ein Krimi, dass es einen Mord gibt, der geklärt werden soll. Doch es ist bei weitem kein Who dunnit?, denn es gibt nicht den Ermittler oder die Ermittlerin. Auch das Opfer findet kaum Erwähnung, es geht mehr darum, welche Auswirkung die Gewalttat auf die Menschen in der Umgebung hat.

    Das Nest lässt sich nur schwer in eine Schublade packen. Außer in diese: Ein sehr gutes, brilliant geschriebenes Buch!

    Das Nest
    Autorin: Sophie Morton-Thomas
    Übersetzerin: Lea Dunkel
    Verlag: Pendragon
    ISBN: 9783865329097
    Preis: 22,00 €
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  • Krimi,  Österreich

    Miss Vergnügen von Martina Parker

    Miss Brooks, Engländerin in den mittleren Jahren, wurde von ihrem Ehemann in Wien ausgesetzt. Er meinte, es wäre gut, ein wenig Distanz zu haben. Dank ihres Schwagers, Manager bei Trés Loué, eines Luxuskosmetikkonzerns, findet sie eine Bleibe, in einem etwas heruntergekommenen Haus. Dort sitzt sie nun und häkelt Sorgenpüppchen, bis sie merkt, dass das keine Beschäftigung bis ans Ende ihrer Tage sein kann und so freut sie sich, das der Schwager ihr eine Stelle als Beautyberaterin im Konzern anbietet. In der Welt der Schönheitsmittel, und besonders bei Trés Loué, geht eine Menge vor, was nicht so fein ist. Als einer der Topmanager eingeäschert im Brennofen der Porzellanmanufaktur gefunden wird und kurz darauf Bernhard Sprüngli, der Schwager von Miss Brooks, auf der Verleihung des Parfüm-Oscars erschossen wird, beginnt Miss Brooks mit ihrer Freundinnen, der Moderatorin Stanzi und der Journalistin Katja zu ermitteln. Was sich als haarig erweist, kommt doch Miss Brooks Stiefschwester durchaus als Täterin in Frage. Ihr Hauptquartier, errichten sie im Café Pinguin, wo Kellner Edi für Getränke, Fleischpflanzerl und flotte Sprüche sorgt.

    Miss Vergnügen ist der Auftakt zu einer neuen Serie von Martina Parker. Miss Brooks wird uns also noch einige Bände erhalten bleiben. Es ist ein flottgeschriebener Krimi mit einem interessanten Plot, Witz, liebenswerten Charakteren und überraschenden Wendungen. Liest sich gut, allerdings hatte ich mir eine strigentere Plotführung gewünscht und dafür weniger Abschweifungen in die Welt der Kosmetik.

    Miss Vergnügen
    Autorin: Martina Parker
    Verlag: Gmeiner
    ISBN: 9783839208410
    Preis: 18,50 €
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  • Gesellschaft/Politik,  Sachbuch

    Winnetou – Karl May in kritischen Zeiten – Klaus Farin & Gabriele Haefs (Herausg.)

    Wie kommt es, dass auf einmal ein – zumindestens in Deutschland, positiv konnotierter Begriff – wie Indianer zum „no go“ wurde? Wie kommt es, dass einer der meistgelesenen deutschen Autoren, Karl May (1842 – 1912), auf einmal skeptisch beäugt wird? Wer bestimmt so etwas und noch interessanter, wieso machen so viele unhinterfragt mit?

    Ich kenne nahezu niemanden meiner Generation, der oder die, nicht noch heute einen sehnsüchtigen Blick bekommt, wenn sie sich an ihre Leseabenteuer mit Winnetou und Konsorten erinnern. Trotz des sehnsüchtigen Blickes, kommt aber meistens auch: Aber kann man das heute noch so Lesen? Ach ja, und Indianer sollte man vielleicht auch nicht mehr sagen, oder? Meine Antwort: Ja, man kann und man soll! Unbedingt! Denn sie sind von Toleranz und Vielfalt gerpägt! Sicher ist so einiges nicht mehr zeitgemäß, dass ist Shakespeare auch nicht.

    In diesem Buch, welches auch noch sehr wunderbar illustriert ist, gehen Andreas Brenne, Christian Feest, Gunnar Sperveslage und Johannes Zeilinger der Sache auf dem Grund, in dem sie das Werk Karl Mays, wie es im Klappentext so schön heißt „unter der Perspektive von kultureller Aneignung, Auswanderung und europäischem Kolonialismus“ unter die Lupe nehmen. Dazu gibt es noch ein Vorwort von Klaus Farin und ein Nachwort von Gabriele Haefs.

    Alle diese Texte sind ausgesprochen lesenswert, regen zum Nachdenken an und zeigen den Facettenreichtum eines sehr besonderen Autoren.

    Winnetou - Karl May in kritischen Zeiten
    Herausg. Klaus Farin & Gabriele Haefs
    Verlag: Hirnkost
    ISBN: 9783988570451
    Preis: 26,00
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  • Fantastisch,  Roman

    Ursula und das V-Team – Das Schicksal muss warten von C. K. McDonnell und Elaine Ofori

    Grundlage der Geschichte ist die Legende um die Heilige Ursula, die mit 11 Jungfrauen im 4. Jahrhundert auf Pilgerfahrt ging, und wieder zurück eine von den Hunnen belagerte Stadt fand. Seit dem nun taucht alle acht Jahre über Köln eine Geisterarmee der Hunnen auf und eine aktuelle Ursula und ein Team aus 11 weiteren Jungfrauen muss sich ihnen stellen. Verlieren sie die Schlachte, wird die Geisterarmee für eine Nacht Köln schleifen. Doch wer ist nun die aktuelle Ursula? Der scharlachrote Rat bringt alle acht Jahre zehn Mädchen, woher sie kommen weiß niemand so genau, zusammen. Sie trinken aus dem Kelch der Hebe und vergessen ihre Herkunft, im Austausch dafür erhalten sie gewisse magische Kräfte. Eine wird zur Ursula ernannt, die aktuelle, weil sie eine Muttermal in der Form eines U hat. Sie wird die Anführerin. Die nächsten acht Jahre werden die Mädchen in Kampfsport und in den Gebrauch ihrer magischen Kräfte geschult, bis die Nacht der Vergeltung da ist. Dann stellen sie sich dem Geisterheer. Normalerweise sollen sie danach erneut aus dem Kelch trinken, die Kräfte verlieren und sich an ihre Herkunft erinnern. Soweit der Plan. Doch was, wenn man zur Vergeltungsschlacht eine Jungfrau zu wenig zur Verfügung hat? Gut, die lässt sich finden und plötzlich erlebt Fremdenführer Adam mehr, als er sich jemals hat träumen lassen. Das erste Problem wäre also gelöst, doch was ist, wenn die Schlacht plötzlich abbricht und die Lehrerin, die am Rand des Feldes warten sollte, verschwunden ist? Vor allem was ist aus den zuvor verschwundenen Jungfrauen geworden? Ursula und ihr V-Team wollen sich nicht einfach außer Dienst stellen lassen und entdecken so einige Mogeleien des Scharlachroten Rates, eine Magierin, die ihr eigenes Süppchen kocht und das es mehr magische Vorgänge in der Stadt gibt, als gedacht. Dann ist da noch ein Nekromant vom Hofe Attilas, der sich nun mit Adam einen Körper teilt und auf Eiscreme steht. Was man ihm nicht verdenken kann.

    Ursula und das V-Team ist der Auftakt zu einer Serie und das Autorinnendebüt von Elaine Ofori, welches sie gemeinsam mit ihrem Ehemann C. K. McDonnell geschrieben hat. Und das V-Team lässt es von Anfang an richtig krachen. Wer nun meint, es hier mit einer typischen Schlacht gut gegen böse zu tun zu haben, wird enttäuscht. Das Team Ofori/McDonnell zeigt, dass man ein oft behandeltes Thema neu, spannend, lustig und interessant angehen kann. Ich jedenfalls freue mich bereits auf das nächste Buch der Serie.

    Ursula und das V-Team - Das Schicksal muss warten
    Autoren: C. K. McDonnell & Elaine Ofori
    Übersetzer: André Mumot
    Verlag: Eichborn
    ISBN: 9783847902102
    Preis: 18,00 €
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  • Anthologie

    In den Wellen – Geschichten vom Schwimmen – Herausg. Annemarie Stoltenberg und Gabriele Haefs

    Annemarie Stoltenberg und Gabriele Haefs sind ein bewährtes Team im Herausgeben von Anthologien. Auch diesen Sommer gibt es eine neue Sammlung, und zwar eine erfrischende. Es geht ins Wasser, zum Schwimmen, Baden, Plantschen. Schiller, Goethe, Tschechow, Heinrich Heine, sie alle waren vom Wasser und vom Schwimmen, auf die unterschiedlichste Weise fasziniert. Während Goethe sich gerne mal nackig machte und auch nächtens in die Fluten stieg, hielt Schiller es mehr mit der Dramatik des Elements und statt selbst zu tauchen, schrieb er sein Gedicht Der Taucher.
    Doch in dieser Sammlung finden sich nicht nur Klassiker. Auch vertreten sind praktische Hinweise, Robert Kraft schreibt darüber, wie der Schwimmunterricht bei der Kaiserlichen Marine vonstatten ging, und gibt Einblicke in die tiefsitzende Angst so einiger vor dem nassen Element.
    Kim Småge hingegen zeigt, dass die Ehe zwischen einer Schwimmverweigerin und eines Schwimmenthusiasten nicht auf dem Glückssprungbrett geschlossen wurde. Auch Ingvar Ambjørnsens Elling gibt sich die Ehre und nimmt die Lesenden mit in die Robinsonfantasien seiner Kindheit.
    Es ist ein bunter Reigen, mit erläuternden Texten der Herausgeberinnen und mit Illustrationen von Aya Hoshina versehen, die sofort zum Eintauchen in Fluss und Meer einladen.

    In den Wellen - Geschichten vom Schwimmen
    Herausg. Annemarie Stoltenberg und Gabriele Haefs
    Verlag: Philip Reclam jun.
    ISBN: 9783150115350
    Preis: 24,00 €
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  • Krimi

    Broilerkomplott von Anna Mai

    Toni Hansen, Leonie und Arman, sind Veganer:innen und Aktivist:innen. Ein besonderer Dorn im Auge ist ihnen der Schererkonzern mit seinen Hähnchen. Die geplante Aktion, die Chefin des Konzerns mit roter Farbe zu beschmeißen, wenn diese ein Bankgebäude verlässt, geht gründlich schief. Sie haben zwar einen Wagen, Gockelmasken und Farbbeutel, doch während sie auf die Dame warten, beobachtet Toni, wie der Chauffeur der Hähnchen-Chefin ermordet und im Kofferraum deponiert wird. Noch mehr verwundert ist sie, als Frau Scherer in die Tiefgarage kommt, sich nach ihrem Chauffeur umsieht, einen Zettel findet, in den Kofferraum guckt, den Deckel wieder zuklappt, ins Auto steigt und losfährt. Die drei Aktivist:innen sind sich einig, da steckt eine noch größere Schweinerei dahinter, als einfach Hühner in großen Mengen zu massakrieren und sie gehen der Sache nach. Sie vermuten, dass es etwas mit dem Sonnenhof Projekt des Schererkonzerns zu tun hat. In einem Dorf, im Berliner Umland, will der Konzern eine große Hähnchenzuchtanlage errichten und stößt dabei nicht nur auf Freude bei der Bevölkerung.
    In besagten Ort wird eine Polizistin auf einen vermuteten Mord aufmerksam und beginnt zu ermitteln. Nicht nur ihr, sondern auch den drei Mordzeug:innen wird schnell klar, dass es hier nicht nur um Hühner und einen verschwundenen Lastwagen geht.
    Broilerkomplott ist das Krimidebüt von Anna Mai. Das Thema ist aktuell und der Ausgang der Geschichte spannend, doch hat alles Weitere bei mir nicht richtig gezündet, was zum Teil an den, meiner Meinung nach, überzeichneten Charakteren lag und eben auch daran, dass Spannungsbögen sehr schnell abflachen.

    Broilerkomplott
    Autorin: Anna Mai
    Verlag: Ariadne
    ISBN: 9783867542807
    Preis 15,00 €

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  • Norwegen

    Hinter dem Schrank steht die Axt von Torborg Needreaas

    Vor kurzem habe ich ein sehr besonderes Buch besprochen: Nichts wächst im Mondschein von Torborg Needreaas. Von der Sprachgewalt, der Schonungslosigkeit und der Wortgewalt der Autorin, von der ich noch nie gehört hatte, war ich so begeistert, dass ich mich fragte, ob es nicht noch mehr von ihr gäbe. Es gab. Beim Persona Verlag wurde ich fündig. Hinter dem Schrank die Axt ist eine Novellensammlung. Diese spielen während der Besatzungszeit in Norwegen.

    Sie handeln vom bedrückenden Alltag unter einer Besatzungsmacht, von Zusammenhalt, Misstrauen und Ausgrenzung. Sie erzählen von Armut, vom Wunsch nach Aufbegehren und nach ein wenig Farbe im Grau. Doch für diese Farbe gilt es einen Preis zu zahlen und das gilt besonders für Frauen, die sich mit den Besatzern einlassen.
    Da ist die Schusterwerkstatt, in der sich der gesamte Ort am Abend trifft, um dem Schuster bei einer Schachpartie zu zu sehen. Er ist der ewige Gewinner, bis ein deutscher Soldat gegen ihn antrifft und ihn zu besiegen droht. Auf dem Schachbrett in der Werkstatt spiegelt sich, was im Außen geschieht. Unter aller Not und Verzweiflung köchelt die Wut und so dann und wann brodelt der Wunsch nach Rache hoch, wie etwa in der titelgebenden Geschichte, in der ein Vater sich Rache für seinen von den Deutschen hingerichteten Sohn wünscht. Die Gelegenheit ergibt sich, als er einem betrunkenen deutschen Soldaten trifft, der Hilfe braucht. Doch ob er diese bekommt oder in der Stube des trauernden Vaters den Tod findet, wird sich zeigen, denn …

    Hinter dem Schrank steht die Axt
    Autorin: Torborg Needreaas
    Übersetzerin: Marie-Theres Mächler
    Nachwort: Marie-Theres Mächler
    Verlag: Persona
    ISBN: 3-924652-15-5
    Preis: 15,00 €

    Fazit: Unbedingte Leseempfehlung

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  • Biogragisch/Autobiografisch,  Roman

    Entscheidung auf Hiddensee von Christof Kessler

    Sommer 1913. Gottfried Benn arbeitet tagsüber in der Pathologie und abends stürzt er sich mit seiner Geliebten Else Lasker-Schüler ins Berliner Nachtleben. Zwischendrin dichtet er. Sein erster Gedichtband „Morgue“ ist bereits erschienen und hat ihm Anerkennung gebracht. Doch das Leben, dass er führt, inklusive der exzentrischen Else Lasker-Schüler fordert seinen Preis und so gönnt er sich eine Auszeit. Drei Wochen Hiddensee, in denen er entscheiden will, wie es weitergehen soll. Weiter mit ihm als Arzt, als Dichter und wie mit Else. Er schwankt zwischen Überdruss und Verlangen, denn die Dame ist nicht nur eine geniale Dichterin, sie ist auch anstrengend.
    Benn macht sich also auf nach Hiddensee. Der kleinen Ostseeinsel, auf der sich zu der Zeit die Prominenz tummelt. Oskar und Max Kruse, Gerhard Hauptmann, dessen Sohn Ivo und die Schauspielerin Edith Osterloh, in die er sich verliebt. Doch er schwankt, soll er zurück zu Else, die seine Gedichte versteht, sein Talent fördert oder soll es doch mit Edith sein, die bürgerlichere der beiden Frauen, die Benns Gedichte nicht mag und sehr klar macht, dass für sie ein bloßes Techtelmechtel nicht in Frage kommt. Eine schwere Entscheidung, die es zu treffen galt, vor allem, weil Benn eigentlich nie so richtig weiß, was er will. Das alles unter der Sommersonne Hiddensees und der launigen Gesellschaft in seiner Pension, über der sich bereits der erste Schatten des aufziehenden 1. Weltkrieges und eines verstärkten Antisemitismus zeigt.

    Der biografische Roman Christof Kessler, ist ein sehr besonderes Leseerlebnis. Die Charaktere sind anschaulich, die Sonne Hiddensees spürbar und Benns Zweifel, Melancholie und gleichzeitige Stärke im Ausdruck, spürbar. Die biografischen Einschübe sind mit leichter Hand in die Handlung eingeflochten und stören den Lesefluss nicht im Geringsten.


    Fazit: Unbedingte Leseempfehlung, am besten gleich noch mal die Gedichte von Benn und Lasker-Schüler herausholen und nebenbei lesen.

    Entscheidung auf Hiddensee
    Roman um Gottfried Benn und Else Lasker-Schüler
    Autor: Christof Kessler
    Verlag: Rote Katze, Lübeck
    ISBN: 9783910563308
    Preis: 22,00 €
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