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Winter Counts von David Heska Wanbli Weiden
Da die amerikanischen Behörden nicht unbedingt dafür bekannt sind, dass sie Gewaltverbrecher verfolgen, gibt es im Rosebud Reservat in South Dakota, Virgil Wounded Horse. Zu ihm kommen die, die Gerechtigkeit für ihre sexuell missbrauchten Kinder und vergewaltigten Frauen wollen. Er macht sich denn auf und bestraft den Täter zur Strecke. Virgil Wounded Horse ist ein ungewöhnlicher Held. Er hat nicht viel von einem edlen Retter, sondern ist selbst tief verwundet und oft genug ist Rache, die er für andere übt, auch Rache für die eigenen Verletzungen. Denn Virgil ist ein Halblut, der während seiner Schulzeit schwer unter dem Alltagsrassismus seiner Mitschüler zu leiden hatten. Außerdem zieht Virgil seinen Naffen Nathan groß, den Sohn seiner Schwester, die bei einem Autounfall ums Leben kam. Alkohl, Dope und Pillen sind die gängigen Drogen, über die sich im Reservat niemand besonders aufregt, als aber Nathan in Kontakt mit Heroin bekommt und fast stirbt, macht sich Virgil auf die Dealer zu finden. Eine Latino Gang, die dabei ist die Reservate mit Heroin zu schwemmen.
Virgil ist einer, der mit vielen Dämonen kämpft. Er ist trockener Alkoholiker und es fällt ihm nicht leicht trocken zu bleiben. Er sieht was der Alkohol im Reservat anrichtet, sieht die Hoffnungslosigkeit, die Armut, die hohe Selbstmordrate und die Gewalt und fühlt sich doch unfähig etwas zu tun, auch glaubt er nicht, dass eine Wiederbelebung der alten Traditionen etwas bringt, jedenfalls anfangs. Seine Freundin Marie entgegen, versucht was sie kann, um die Lebensverhältnisse um Reservat zu verändern. Doch es gibt im Reservat auch die, die ihre eigenen Leute betrügen. David Heska Wanbli Weiden, eingeschriebener Bürger der Sicangu Lakota Nation, ist weit davon entfernt eine Geschichte vom edlen Wilden und weißem Mörder zu zeigen und genau das gibt der Geschichte, neben dem spannenden Krimiplot, ihre Tiefe.
Erklärungen zum Rechtssystem in den Reservaten gibt es in den Nachbemerkungen von James Andersen. Weiter Stimmen zu Winter Counts sind im Talk Noir, dem Podcast des Polar Verlages zu hören: https://talknoir.podigee.io/28-neue-episode
Winter Counts Autor: David Heska Wanbli Weiden Übersetzerin: Harriet Fricke Herausgeber: Jürgen Ruckh Nachbemerkungen: James Anderson Polar Verlag 03/22 ISBN 978-3-948392-46-8 Preis 16,00 €
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Die Totenuhr – Ein Fall für Ann Lindell von Kjell Eriksson
Vor vier Jahren soll Casper Stephansson in der Förde ertrunken sein, in der die kleinen Insel Gräsö liegt. Einen Monat darauf verschwindet seine Freundin Cecillia Karlsson, über die gemunkelt wird, dass sie ihn ermordet hat. Ann Lindell, die auf der Insel einige Tage bei ihrem dortlebenden Freund Edvard verbringt, ist an dem Fall interessiert und wird es noch mehr, als Cecillia wieder auftaucht. Erst versteckt in einer Hütte im Wald, dann offen und sie hat Pläne. Sie will sich an dem rächen, der Casper ihrer Meinung nach getötet hat.
Die Totenuhr ist sicher nicht der beste aus der Ann Lindell Reihe. Der Plot obwohl sehr vielseitig, Mord, Brandstifung, Wirtschaftsverbrechen, Eifersucht und Ehestreit, ist löcherig und auch die Charaktere sind nicht sehr überzeugend. Das hat Kjell Erikkson schon einmal besser hinbekommen. Trotz all dieser Mängel schafft er es eine gewisse Spannung aufzubauen und es ist halt schön alte Bekannte zu treffen.
Die Totenuhr Autor: Kjell Eriksson Übersetzerin: Gabriele Haefs Aufbau Verlag ISBN: 978-3-7466-3880-5 Preis: 12,00 €
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Die Leute vom Hellemyr von Amalie Skram
Die Leute vom Hellemyr gilt als das Hauptwerk der norwegischen Schriftstellerin Amalie Skram (1846 – 1905). Der Band 1: Sjur Gabriel, wurde 1887 erstmals veröffentlicht. Dieser Band wurde von Christel Hildebrandt übersetzt
Sjur Gabriel, seine Frau Oline und deren zahlreiche Kinderschar leben auf dem Hof Hellemyr, Felsenmoor, bei Bergen, es ist ein karges Leben. Die Familie hält sich mit Landwirtschaft und etwas Fischerei gerade so über Wasser. Während Sjur Gabriel stur und verbissen weitermacht, flüchtet sich Oline immer wieder in den Alkohol, was in der Regel Gewaltausbrüche Sjur Gabriels nach sich zieht. Als das jüngste Kind der beiden stirbt, zerbricht auch Sjur Gabriel. Der erste Band endet mit den Worten:
„Von diesem Tag an tranken beide, der Mann und die Frau vom Hellemyr“
In Band 2 überspringt Amalie Skram eine Generation, auch wenn die Kinder von Oline und Sjur Gabriel kurz vorkommen. Der Protagonist ist der Enkel Sievert Jensen, der, 16-jährig, arg darunter leidet, dass seine Großeltern als Trinker verschrieen sind. Besonders seine besoffen durch die Stadt torkelnde Großmutter, der eine Horde sie verspottender Kinder folgt, macht ihm das Leben in Bergen zu Hölle. Er beschließt, gegen den Willen seiner Eltern, zur See zu gehen und heuert als Moses auf der Zwei Freunde an. Die Reise geht nach Kingston und zurück. Band 2 wurde von Nora Pröfrock übersetzt.
Der erste und der zweite Band lassen sich gut unabhängig von einander lesen. „Zwei Freunde“ ist ein Seefahrtsroman, in dem die Autorin sicher eigene Erlebnisse verarbeitet hat. Sie wurde mit 19 mit einem sehr viel älteren Kapitän verheiratet, der sie mit auf Fahrt nahm. Sievert, der Moses, hat es nicht leicht auf der Zwei Freunde. Als jüngster hat er die Dreckarbeit und den Spott der älteren Mannschaftsmitglieder zu ertragen, doch er beißt sich durch und kommt recht gut zurecht. Leider ist Sievert einer der, sowie er Gutes erreicht hat, dieses durch Lügen und kleine Diebstähle wieder zerstört. Auf der Heimfahrt gerät das Schiff in Seenot, die Mannschaft überlebt knapp und Sievert gibt die Seefahrt auf.
In Band 3: S. G. Myre übersetzt von Christel Hildebrandt, wird Sieverts Geschichte weiter erzählt und wir lernen Petra Frimann, die Tochter des versoffenen Gerichtsboten, sowie die feine Gesellschaft von Bergen kennen. Sievert hat eine Anstellung im Kontor des Kaufmanns Munthe und als Faktotum in dessen Privathaus gefunden, er ist fleißig, seine Arbeit wird geschätzt und er hätte dort ein gutes Auskommen, wenn er sich nicht der Tochter des Hauses, Lydia, Munthe genähert hätte. Lydia kommt nach Hamburg ins Internat und Sievert verliert seine Stellung. Kurz bevor er meint, vor die Hunde zu gehen, findet er eine neue Anstellung bei einem Händler und verliert auch diese wieder, durch seine Mauscheleien. Petra Frimann widerum wird Hauswirtschafterin bei Konsul Smith und dessen gehbehinderter Frau. Petra ist schön und der Konsul ein charmanter Schwerenöter. Er verführt Petra, die sich mit der Zeit einbildet, nach dem Tod der Konsulin, von ihm geheiratet zu werden. Natürlich hat er nichts dergleichen im Sinn, sondern ermutigt Petra Sievert Jensen zu heiraten und erklärt sich bereit dem Paar großzügige Unterstützung bei ihrer Etablierung zuteil werden zu lassen. Sievert, der mittlerweile bei Smith arbeit, ist begeistert, denn er ist verliebt in Petra, die ihn nur widerwillig nimmt. Sievert ändert seinen Nachnamen in Myre, um endlich jede Verbindung zu der verschrienen Familie Jensen vom Hellemyr zu kappen.
Das Nachwort zu diesem Teil stammt von Gunnar Staalesn.
Band 4: Die nächste Generation wurde von Gabriele Haefs übersetzt:
Hier liegt der Fokus auf den Kindern der Familie Myre und Smith. Die Ehe von Petra und Sievert ist alles andere als ein Erfolg. Petra ist verbittert und lässt ihren Frust an den Kindern aus. Besonders Sofie und Serverin, die älteren der Geschwister leiden unter dem Geiz und den Gewaltausbrüchen der Mutter. Severin wiederum ist mit Hendrik dem Sohn Konsuls Smith und seiner zweiten Frau Lydia Munthe, eng befreundet und doch in der Schule ein Außenseiter. Der Musterstängel, der es nicht erwarten kann, auf die Universität zu gehen und dem Elend zu Hause zu entfliehen. Sievert hingegen hat es wiedereinmal geschafft, sein Geschäft durch gewagte Spekulationen zu ruinieren und landet schließlich wegen Betrug im Gefängnis, wo er auch stirbt.
Amalie Skram hat mit den Leuten vom Hellemyr ein Gesellschaftsbild Bergens im 19. Jahrhundert geschaffen. Vieles was sie beschreibt, entstammt eigenem Erleben. Amalie Skrams Vater hatte die Familie, nach dem sein Geschäft bankrott war, verlassen und sich nach Amerika abgesetzt. Amalie wurde mit einem älteren ungeliebten Mann verheiratet, um die Familie zu sanieren, wie es auch im vierten Band Sofie Myre geschieht. Neben der Unüberwindbarkeit der Klassenunterschiede ist immer wieder die Situationen der Frauen, ihre relative Rechtlosigkeit und Unfreiheit, Thema im Werk dieser Autorin. Die Leute von Hellemyr spielt im 19. Jahrhundert und liest sich doch so heutig und aktuell. 1200 Seiten und keine davon zuviel. Im Gegenteil, es wäre schön gewesen, hätte die Autorin es noch geschafft, den angedachten 5. Teil zu schreiben.
Ein großes Lob hier auch an die Übersetzerinnen. Im Orignal verwendet die Autorin viel den Arbeiterdialekt, wie er in Bergen des 19. Jahrhundert gesprochen wurde. Dialekt zu übersetzen ist immer schwer, doch hier ist es brilliant gelungen.
Die Leute vom Hellemyr Band 1 - 4 Autorin: Amalie Skram Übersetzerinnen: Christel Hildebrandt, Nora Pröfrock und Gabriele Hafs Nachwort in Band 3: Gunnar Staalesen Verlag: Guggolz Preis: 69,00 €
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Data Tutaschchia von Tschabua Amiredschibi
Data Tutaschchia – Der edle Räuber vom Kaukasus, gilt den Georgiern immer noch als Volksheld und das auch über die Landesgrenzen hinaus. Der Autor Tschabua Amiredschi, hat sich die Geschichte seines Helden während seiner Haftstrafe im Arbeitslager ausgedacht, der Roman erschien erstmals 1971 in Georgien, wurde fürs Fernsehen verfilmt und als Comic gibt es ihn auch. Kristiane Lichtenfeld hat ihn ins Deutsche übersetzt.
Die Handlung spielt 1885, Georgien ist Teil des zaristischen Russland und wird erst nach der Oktoberrevolution zu einem unabhängigen Staat werden. Auch wenn es bis da noch ein wenig hin ist, zeichnen sich doch schon erste Unruhen ab. Unser Held nun, ist ein einfacher Mann mit einer gewissen Bildung, er lebt mit seiner Schwester, sie betreiben Landwirtschaft und haben ihr Auskommen, eines Tages jedoch, verletzt Data einen Mann tödlich , der seiner Schwester zu nahe gekommen ist und muss in die Berge fliehen. Hier beginnt seine Zeit als Gesetzloser, er wird zum Räuber, doch zu einem, der gewisse Grundsetze hat. Besonders die, die sich auf Kosten anderer bereichern, die Wucherer, die bestechlichen Beamten und Ausbeuter sind sein Ziel. Das und dass er auch schon mal jemanden hilft, der in Not geraten ist, bringt ihn beim Volks seinen Heldenstatus ein und es ist ihm leicht Verstecke und Verbündete zu finden. Die Gendamarie sieht nur eine Möglichkeit ihm beizukommen, nämlich diesen Ruf zu zerstören.
Amiredschi lässt seinen Helden durch verschiedene Stimmen bildhaft werden. Da ist der Leiter der Gendamarie, Weggefährten, Ausgeraubte und zufällige Begegnungen. Dieser unterschiedlichen Stimmen, zeigen nicht nur die vielen Facetten dieses Räubers Widerwillens, sondern auch einen Querschnitt der georgischen Gesellschaft, sowie der politischen Verhältnisse zur Zeit der Handlung. Wahrlich ein Meisterwerk, dass sich stellenweise wie ein Schelmenroman liest.
Data Tutaschchia - Der edle Räuber vom Kaukasus Autor: Tschabua Amiredschi Übersetzerin: Kristiane Lichtenfeld Verlag: Kröner Verlag ISBN: 978-3-520-61001-0 Preis: 30,00 €